§ 44 - N I C O L I N I

Der Canon chronicus aegyptiacus, hebraicus, graecus et disquisitiones des Londoner Kavaliers/Ritters {cavaliere londinese} John Marsham (1602-83) wurde zuerst 1671 in London veröffentlicht: siehe die dritte Ausgabe (Franeker, 1693, passim, bes. pp. 154-55). Dort wird übrigens nur gesagt, daß Moses «plerosque aegyptiorum ritus abrogavit, quosdam immutavit {umwandeln}, quosdam pro indifferentiubus habuit, quosdam permisit, imo et iussit». Auch wenn Vico sich fast ausschließlich dieses Buches von Marsham und des anderen hier unten zitierten von Van Heurn vor allem für chronologische Information über das alte Ägypten und die assyrisch-babylonische Monarchie bediente, so muß doch gesagt werden, daß beide Werke während seiner Arbeit durch ihm offensichtlich unbekannte Werke weit überholt worden waren, so des holländischen Gelehrten Jakob Voorbroeck (Perizonius) von Dam {da Dam} (1657-1715), sowie des jüngeren Gelehrten William Warburton, Bischhof von Gloucester (1696-1779). Siehe von dem einen die beiden Bände (Lüttich 1711) der Origines babylonicae et aegyptiacae. Von dem anderem das vierte Buch (welches das hohe Alter der ägyptischen Zivilisation zeigen soll) von The divine legislation of Moses, die zuerst in London von 1737 bis 1741 veröffentlicht wurde, das heißt an die zehn Jahre nach der ersten druckfertigen Redaktion {???} der Scienza nuova (1730), mit der sie so viele und so bedeutende Übereinstimmungen zeigt, daß man fast vermuten möchte, daß dem Autor die vicosche Arbeit nicht unbekannt war. Siehe besonderes in dem erwähnten vierten Buch den Teil über die Hieroglyphen, der, von Marcanton {Marcantonio} Léonard de Malpeine ins Französische übersetzt {vòlta in francese}: {Essai sur les hieroglyphes} und um Anmerkungen sowie um einen ganzen Supplementband vermehrt, 1744 in Paris erschienen war.  ¶  Nicht später, sondern früher als das Werk von Marsham liegt die Dissertatio de Urim et Tummin des englischen Theologen John Spencer (1630-1695), 1670 in Cambridge veröffentlicht: s. S. 116, wo genauer besehen gesagt wird, daß es angesichts des langen Aufenthaltes der Hebräer in Ägypten und so vieler Beziehungen zwischen den beiden Völkern kaum möglich sei, daß die Israeliten «omnes Dei et rerum divinarum notitias, per sacram tantum Cabbalam acceptas, oblivioni sensim traderent, et, vix ultra {kaum mehr als} lateres et allium {later: Ziegelstein; allium: Knoblauch} Aegypti iam {nunmehr?} sapientes, in dominorum suorum mores et ingenium toti transirent». {vgl § 44 Refer} Vgl. außerdem von demselben Autor De legibus ritualibus hebraeorum (Den Haag 1682; zweite Ausgabe Leipzig 1705), passim.  ¶  Noch älter als die Dissertatio von Spencer ist das kleine Werk des holländischen Thologen Otto van Heurn (1577-1648): das Werkchen wurde zum ersten Mal 1600 in Leyden unter dem Titel Antiquitatum philosophiae barbaricae libri duo veröffentlicht (daher die vielen ironischen Anspielungen Vicos auf die «barbarische Philosophie des Ornio») und zum zweiten ebd. 1619 unter dem Titel Babylonica, indica, scythica, aegyptiaca philosophica primordia. Vgl. in dieser zweiten Ausgabe S. 60, wobei hinzuzufügen ist, daß der Untertitel des ersten Buches, wie Vico sagt, Chaldaicus heißt, der des zweiten Indicus.  ¶  Ungenau faßt Vico den anderen holländischen Theologen Erasmus Wits (1636-1708) zusammen, der vielmehr schreibt, daß das, was man von den alten Einrichtungen /30/ der Ägypter weiß, aus der Bibel gezogen ist und außerdem von Dio Cassius, Lukan {?Luciano}, Plutarch, Chairemon, Herodot, Manetho und Sanchuniates stammt: vgl. Aegyptiaca et Dekajulon, sive de aegyptiacorum sacrorum cum hebraicis collatione (Amsterdam, 1693), zweite Auflage (ebd., 1696), I, 194.  ¶  «Marcus Antonius» ist natürlich Marc Aurel: auf jeden Fall reichte das Leben von Dio Cassius bis ins dritte Jahrhundert n.Chr.  ¶  Von dem sozusagen archäologischen Ausflug des Germanicus nach dem ägyptischen Theben schreibt Tacitus in den Annales, II, 60: eine Stelle, die neben der anderen von Plinius d.Ä. (N.h.,XXXVI, 8), beständig von alten und neueren Ägyptologen angeführt wurde und wird.: s.. unter anderem die hier weiter unten zitierte Literatur des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts über die Obelisken.  ¶  Die «Hieroglyphen..., die in einige Bauwerke eingeschrieben waren» sind selbstverständlich die in verschiedene antike Obelisken eingemeißelten: s. unter anderem Pietro Degli Angeli da Barga, oder lateinisch Bargaeus (1517-96), Commentarium de obelisco, zuerst 1586 in Rom in der Offizin von Bartolomeo Grassi mit einer Widmung an Sixtus V veröffentlicht und dann in die Antiquitates romanae von Grevio, IV (Venedig 1732) eingefügt, S. 1918 sqq.; Oedipus aegyptiacus (Rom 1652-55), III, 161-386, des Jesuiten Athanasius Kircher (1601-1680); Istoria universale (Rom, 1697) von Monsignor Francesco Bianchini aus Verona (1662-1729), S. 407 ff; Warburton, Essai sur les hiéroglyphes, op. cit., I, 118 sqq.  ¶  «Ramses» (Ramses II), von dem am Ende des Abschnittes /Paragraphen gesprochen wird, wurde zu Vicos Zeiten von einigen (Marsham, op. cit., S. 416) für den Sohn und Nachfolger von Sesostris, von anderen (Bianchini, l.c.) - wie übrigens im Paragraphen 85 von Vico selbst - für Sesostris selbst gehalten. Von den zu seiner Ehre aufgerichteten Obelisken wurde nicht mehr als einer erstellt: jener von Tacitus und Plinius erwähnte ist genau der berühmte Obelisk, der später von Constantin II, Sohn Constantin des Großen, nach Rom transportiert und von Sixtus V vor San Giovanni in Laterano aufgerichtet wurde. (NICOLINI I, 28-30)