§ 113 - N I C O L I N I

Die anderen beiden "Verordnungen", die Philo der römischen Republik «gab» waren nach dem traditionellen Bericht nicht zwei weitere {non altri due «capi»} «Abschnitte» einer einzigen lex Publilia, sondern zwei verschiedene/weitere andere Gesetze {ma altre due leggi diverse} . Mit dem ersten  ¶  dessen Dispositiv Vico unter fortlaufenden Glossen referiert  ¶  wurde laut Livius, VIII, 12 festgesetzt {sarebbe stabilito} , daß der ratifizierte / ratifizierbare Senatskonsult /Senatsbeschluß {il senatoconsulto di ratifica} , der unerläßlich war, um die Beschlüsse jeglicher römischen Versammlung vollstreckbar zu machen {per rendere esecutive le deliberazioni...} , statt auf ihn zu folgen, der Beschlußfassung selbst vorherzugehen hätte. Heute wird übrigens von den meisten angenommen, daß der Unterschied zwischen der zweiten lex Publilia und der lex Hortensia genau darin bestanden ~habe {consistesse, Konj.Imperf} : daß die erste den Beschlüssen der concilia plebis tributa Gesetzesgeltung {valore legislativo} verliehen habe unter der Bedingung, daß diese praeventiv vom Senat gebilligt wurden; wohingegen die zweite die zweite die absolute und allgemeine Verbindlichkeit der Plebiszite sanktioniert habe.  ¶  Die Formel «delinde patres acutores fierent» wurde laut Livius, I, 1, vom interrex {~Zwischenkönig} gelegentlich der Wahl von Numa Pompilius ausgesprochen.  ¶  «öffentliches Bezeugen des Verdienstes" und "öffentliche Forderung nach Recht" entsprächen/ könnten entsprechen {corrisponderebbero} «Auszeichnungen von verdienstvollen Personen» und «Gesetzesvorschlägen» : damit könnte /hätte Vico sagen wollen {verebbe venire} a dire] , daß vor Philo in diesen beiden Dingen die Autorität der Komitien bestanden hätte. Aber, wenn er genau dies dachte {Ma se il suo pensiero era proprio questo..} , sieht jeder, daß er sich nicht nur den Quellen entgegenstellt, sondern auch dem, was er selbst, in eben diesem Paragraphen, von der rogatio sagen wird. Denn schon aus der Art selbst, in der er diese erörtert {in cui ne discorre} geht hervor, daß er sehr wohl wußte, daß bei der politischen Einrichtung /Ordnung {nell´ordinamento politico romano} die Komitien, weit davon entfernt, irgendeine Initiative /irgendein Initiativrecht zu haben, sich damit zufriedengeben mußten, beistimmend oder verneinend den Anträgen zu antworten, die ihnen vom kompetenten/zuständigen Magistrat vorgelegt wurden {rispondere...alle richieste presentate loro dal magistrato competente}.  ¶  «in incertum comitiorum eventum» ist ein Ausdruck {frase} , den Livius, VIII, 12 nicht gelegentlich der zweiten lex Publilia verwendet, hinsichtlich derer er den Ausdruck «ante initum suffragium» benutzt, sondern beim Vergleichen der Ordnung seiner Zeit {ordinamento} («hodie») mit jener der Zeit der Könige {con quello del periodo regio} .  ¶  Die römischen Komitien pflegten eine rogatio oder Gesetzesvorlage / oder einen Gesetzesvorschlag zu billigen/ genehmigen /approbieren oder zurückzuweisen / abzulehnen {approvare o respingere} zunächst, innerhalb des Systems der mündlichen Abstimmungen {votazioni orali} , indem sie mündlich auf die entsprechende Frage des Magistrats, der sie zusammengerufen hatte, «uti rogas» oder «antiqua probo» (das «antiquieren» Vicos) antworteten; sodann, innerhalb des Systems der schriftlichen Abstimmungen, indem sie den Stimmzettel mit den Initialen oder notae der einen oder anderen Formel («V.R.» oder «A.P.») signierten {col segnare lulla scheda le iniziali..} . Zu diesem Komplex {Su di che} wahr die wahrscheinliche Quelle Vicos Gravina, Opere, ediz. cit., I, 20.  ¶  Die Worte «so daß all das, was von nun an der Senat... verordnen sollte, entweder Empfehlungen {istruzioni}sein sollten, die er dem Volke gab, oder Aufträge {commessioni} , die das Volk ihm erteilte»können nur in dem Sinn interpretiert werden, daß die Komitien mit der Annahme eines Vorschlags, den ihnen der Senat /72/ über den zuständigen Magistrat hatte vorlegen lassen, Empfehlungen des Senats selbst befolgten, mit der Ablehung aber stattdessen ihm Empfehlungen gaben, sich an die existierenden Normen zu halten {alle norme preesistenti} . ( Richtig ist, daß das dritte Gesetz des Philo der Plebs auch die Zensur mitteilte : aber wie der census und das aerarium, die Vico beständig verwechselt, ganz verschiedene Dinge waren, so hatten die Zensoren nicht zu tun mit der Verwaltung des Ärar /der Staatskasse {l´erario} , die stattdessen von den quaestores urbani oder aerarii vorgenommen wurde, zu welchem Amt und generell {damit} zur Quästur die Plebs seit 408 v. Chr. zugelassen worden war. Auch blieb nicht die Zensur "das einzige öffentliche Amt {maestrato} , das der Plebs noch mitzuteilen war", da  ¶  wie übrigens Vico selbst implizit im § 999 sagen wird  ¶  erst 300 v. Chr. die lex Ogulnia die Plebejer zum Amt des Pontifex Maximus zulassen wird, ja sogar erst 205 mit dem Jurekonsulten /Juriskonsulten {beides: Heyse} Tiberius Coruncanius der erste plebejische Pontifex Maximus erscheinen wird (Livius, VIII, 12; X, 6); Epitome de Tito Livio {Epitome di Livio; hier nach kl. Pauly}, XVIII; vgl. auch Sigonio, op.cit., parte I, lib. I, cap. 19, und lib. II, cap. 7, ediz. cit, I, 218 und 312 sqq., und vgl. weiter unten § 610. (NICOLINI I, 71/72)