§ 158 - N I C O L I N I

Dunkler Paragraph, und sicher nicht klarer gemacht durch den § 160, mit dem er angesichts des digressiven Charakters des § 159 /79/ ein Ganzes bildet. Offenkundig will Vico sagen {Senza dubbio, è evidente che il Vico voglia (Konj.Präs) dire...} , Thales und die anderen Philosphen, die ihm folgten {che gli tenner dietro} hätten, da/indem sie in Griechenland auftraten {sorti = die Philosophen} , als diese Nation noch roh und barbarisch war (eine zumindest übertriebene Behauptung), dessen historische Entwicklung so beschleunigt, daß sie es fast auf einen Schlag zu raffiniertester Zivilisation aufsteigen ließen; während siezur gleichen Zeit in «heroischer» oder poetischer Sprache (§ 160) «vollständig», d.h. unversehrt und unverfälscht {integri e genuini} die Mythen bewahrten, die in eben diesem Griechenland während des Zeitalter der Götter und dem der Heroen aufgekommen waren (§ 52), was so viel heißt wie während der etwa tausend Jahre, die von Deukalion an bis zu den Irrfahrten der Heroen und zur Gründung {alla deduzione} der hellenischen Kolonien in Kleinasien und in Italien (§§ 65, 69, 77, 86) abliefen. Nicht weniger offenkundig ist, daß Vico weiterhin sagen will {voglia soggiungere} , daß die Dinge bei den Römers auf andere Art abliefen, da bei ihnen sich der Übergang zur vollen Zivilsation {alla piena civiltà} in einer viel weniger rapiden Gangart vollzog. Auf andere Art: denn einerseits hatten sie, als dieser Übergang vollendet war, bereits /nun {ormai} die ganze mythische Geschichte ihres Zeitalters der Götter, das heißt der Zeiten vor Romulus (§ 73) vergessen; und andererseits wurden diese Mythen, die sie nach und nach während ihres heroischen Zeitalters gebildet hatten {i miti foggiati via via che si volgeva la loro età eroica} , also von Romulus an bis zu den Zeiten, da mit den Publilischen und Poetelischen Gesetzen ihre Regierungs-/Herrschaftsform/ihr Regiment sich von einem aristokratischen oder heroischen in ein demokratisches oder menschliches wandelte (§ 104 und vgl. auch {e cfr.} 926-927), von ihnen nicht, wie von den Griechen, in heroischer oder poetischer Sprache bewahrt, sondern in «gewöhnlicher» oder prosaischer. In dieser Sprache wurde schließlich jener Bericht / jene Erzählung/Geschichte {racconto} konfiguriert, der/die später von dem, was die traditionelle Historiographie der ersten Jahrhunderte Roms werden sollte, angewandt /benutzt wurde: ein Bericht/eine Geschichte, der/die sich in der Scienza nuova «als eine fortlaufende geschichtliche Mythologie des Heroenzeitalters Griechenlands erweisen wird» {§ 158}.Trotzdem und gerade, weil man aus den Worten Vicos nur diese Bedeutung herausziehen kann, bleibt unverständlich, wie denn bloß die Aufgabe, die hellenischen/griechischen Mythen vollständig /unversehrt zu bewahren und zu überliefern {di serbare e trasmettere integri...} , in diesem Kapitel nicht etwa, wie {sonst} ständig {costantemente} im/in diesem Werk {nell´opera} (vgl. z.B: §§ 199, 901, 905), zunächst den «poetischen Theologen», dann den «heroischen», sondern gerade den «Philosophen», denen, und vor allem dem Plato, öfters (§§ 3, 46, 80 usw.) vorgeworfen wird, die Mythen intellektualisiert und damit deformiert zu haben, die übrigens schon verdorben und korrumpiert {guasti e corotti} (§§ 80, 81, usw.) auf sie gekommen waren. Bleibt außerdem zu erklären, warum denn bloß {perché mai} wenn man diese Philosophen sich der oben angeführten Aufgabe widmen läßt, behauptet wird, daß sie {dabei} nicht die ihnen eigene Sprache benutzten, nämlich die prosaische und vornehmlich aus rationalen Überlegungen gewebte {contesta prevalentemente di (raziocini} , sondern die «heroische», so reich an Bildern wie arm an rationalen Argumenten {(ragionamenti} (§§ 456 sqq.). Und schließlich weiß man nicht recht {non s´intende bene se..} , ob Vico, wenn er die ~Betrachtung der traditionellen Historiographie der ersten Jahrhunderte Roms als «fortlaufende /80/ geschichtliche Mythologie des Heroenzeitalters Griechenlands» ~ankündigt {nel (preannunziare la (considerazione della storiografia...} , er auf die zahlreichen Analogien anspielen will, die er zwischen Menschen und Dingen der heroischen Geschichte Griechenlands und Menschen und Dingen der heroischen Geschichte Roms (vgl. z.B. § 641) anzeigen wird, oder aber auf jene Vermischung/Verbindung/Kreuzung {incrocio} des nationalen Hochmuts der Griechen mit dem nationalen Hochmut der Römer, die im letzten halben Jahrhundert der Republik die Historiographie der heroischen Zeit der letzteren auf jene der heroischen Periode der ersteren hätte aufpropfen und diese nachahmen lassen {avrebbe fatto innestare e ricalcare la storiografia....in e su...} (§§ 1441 und vgl. auch 1453). (NICOLINI I, 78-80)