§ 309 - N I C O L I N I
Über den «großen Streit» [s.] § 135, auf den Vico übrigens selbst verweist. Das «natürliche Recht der Völker» nimmt hier die besondere Bedeutung von Gewohnheitsrecht an, das spontan und auf gleichförmige
{so H/J; besser «einförmige» - «uniforme»}Weise bei allen Nationen entstanden ist, insofern es allen diktiert wird von [den] allen gemeinsamen Notwendigkeiten des gesellschaftlichen Lebens.
¶ Bei dem folgenden Beweis der Geselligkeit der menschlichen Natur kann es gut sein, daß Vico, außer daß er sich in nicht wenig vertiefender Weise das formende/ grundlegende Prinzip
{il principio informatore} der aristotelischen
Politik aneignet, sich über das angeführte Werk von Pasch (vgl. oben § 179) einiger Ideen /Begriffe
{concetti} von Hobbes bedient hat (vgl.
Leviathan, Kapitel 17 und 18,
passim). Aber gegen Hobbes, gegen seine Rückführung/ Reduktion der Begriffe «Gerechtigkeit» und «Ungerechtigkeit» auf die der Einhaltung oder Verletzung eines Vertrages (
Leviathan, cap. 15) und gegen seine Theorie vom kontraktualistischen Ursprung der Gesellschaft aus egoistischen Motiven
{contro la sua teoria egoisticamente contrattualistica dell´origine della società} , wendet Vico sich entschieden, indem er mit größtem Nachdruck die nicht kontraktualistische, sondern aufgrund von moralischen Werten bei allen Völkern spontan bestimmte Entstehung
{determinatasi spontaneamente} der Sitten, der Gewohnheiten
{dei costumi, delle consuetudini...} und eben dadurch des gesellschaftlichen Lebens und der Staaten behauptet. (NICOLINI I, 108)