§ 350 - N I C O L I N I

Zu den «Definitionen des Wahren und des Gewissen», §§ 138-139.  ¶  Die alten Verfasser/Traktatisten {trattatisti} des Naturrechts (z.B. Heinecke, Elementa iuris naturae et gentium, 1737, Neuauflage {ristampa} Neapel 1775, p. 210) unterschieden die Gerechtigkeit in «innere» und «äußere» {vgl. Baldaloni, Einleitung zu Juristischen Schriften}, und definierten die eine, gemäß Ulpian (Dig. I, 1, 10, 1), als «perpetua et constans voluntas suum cuique tribuere», die andere «conformatio actionum externarum cum lege». Was ungefähr das ist , was Hobbes sagte: «legem naturae semper et ubique obligare in foro interno, sive conscientiae; non semper in foro externo, sed tum solummodo cum secure id fieri possit» (De cive, cap. III, § 27). Was nun speziell die äußere Gerechtigkeit in Kriegen (und entsprechend bei Revolutionen und Staatsstreichen) angeht, s. §§ 964 und 1472.  ¶  Gott verbot den Hebräern «nicht völlig gerechte Gedanken zu fassen» in jenen Vorschriften des Dekalogs, die verbieten, Hab und Gut {roba} und Weib des Nächsten zu begehren.  ¶  Zu den Philosophen, die nicht früher als zweitausend Jahre nach der Gründung der Nationen auftraten, § 52; zum «Gemeinsinn des Menschengeschlechts», 142-143; zur Scienza nuova als «Philosophie der Autorität», 386-390 und 1519.  ¶  Die «drei Fürsten des Naturrechts», also Grotius, Selden und Pufendorf, schöpfen tatsächlich umfassend aus Philosophen, Historikern, Poeten und Rednern: aber derjenige, der explizit verkündete, jenes Recht mit der «Autorität der Schriftsteller» beweisen zu wollen, ist Grotius allein (s. De iure belli et pacis, prolegomena, § 41). Auch nicht mit der von Vico behaupteten Verbissenheit {accanimento} (vgl. auch § 395), sondern mit der allergrößten Ehrerbietung, und nicht «ins Leere», sondern im Gegenteil in Schwarze treffend, tadelt Grotius, ibid., § 55 die römischen Rechtsgelehrten, manchmal das Naturrecht und das ius gentium zu verwechseln, «ius gentium» ein solches Recht zu nennen, das, statt allen Völkern gemeinsam zu sein, nur einigen eigentümlich ist, und die Normen des Völkerrechts mit solchen des rein römischen Rechts zu vermischen.  ¶  Daß die römischen Rechtsgelehrten/l(Ü:)Juristen das Prinzip des Gerechten auf «das durch die Autorität des Menschengeschlechts Gewisse» gründeten (was etwas anderes ist als die formalistische Auslegung der Gesetze ist, von der in den §§ 321-322 die Rede ist), ist eine extensive Interpretation/Auslegung der rein etymologischen Bestimmung Ulpians: «vocatur ius gentium quasi quo iure omnes gentes utuntur» (Dig., I, 1, 9; und vgl. Inst. ius., I, 2, 1). Aber auch hierzu s. das Ende {in fine} des § 395 . (NICOLINI I, 121)