§ 365 - N I C O L I N I

{«den Geist des Menschen in Gott erkennen» § 2, 345, 506} Die Weisheit «begann bei den Heiden mit der Muse» heißt, daß die erste Personifikation der Weisheit als Weissagung Urania gewesen sei (§§ 391 und 508). Jedoch an der «klassischen Stelle» Homers (Od., VIII, 63 ff) wird nicht gesagt, daß Urania, gewissermaßen biblisch, die «Wissenschaft vom Guten und vom Bösen» sei, sondern daß die Muse im allgemeinen, indem sie ~Demodoco eine herrliche Stimme verlieh, ihn aber des Gesichts beraubte, ihn freigebig mit Gutem und Bösem bedachte. Aber daß andererseits bei allen Völkern die Weissagung als «Rückkehr {ricorso} zu Gott, hier auf rechten, dort auf falschem Wege» entstanden sei» und daß diese Rückkehr von dem Bedürfnis bestimmt gewesen sei, «zu wissen, was immer und in allen Dingen an sich gut und böse sei» {nix in § 365} ist eine Vorstellung {concetto} Campanellas (Aforismi politic, 76, S. 79). Jedenfalls {Comunque} erwähnt der zweite der anonymen Postillatoren des Werkes von 1730 bei dieser Gelegenheit zwei absonderliche Etymologien von mousa: von muw, «ich dränge», «ich komprimiere» {«premo», «comprimo»}, oder von muew, «in sacris instituto», «doceo».  ¶  Zum Verbot der Weissagung gegenüber den Hebräern, § 167.  ¶  Statt in dem Grundsatz /den Grundsätzen {nella Degnità} steht die Einschätzung der Weissagung als rohe Vorahnung der Vorsehung in der Methode (§ 342) {I, S. 151 oben}.  ¶  Zu den theologischen Poeten oder Gründern der Nationen als Seher, § 81.  ¶  «Sapientiae professor» und «mathematicus», oder Verkünder von Mißgeschick {indovino da strapazzo} nennt Sueton Tib., 14 den Trasillo, Lehrer des zweiten Imperators/Kaisers von Rom. Aber der Ausdruck «sapientiae doctores» bezeichnete in der häufigeren Bedeutung die Philosophen: vgl. Tacitus Ann., XVI, 16; Plinius den jüngeren, Pan., 47 usw. {ecc.}  ¶  Indem er von «Weisheit» auch bei den Lenkern der Völker sprach, wollte Vico sich besonders auf Salomon und Solon beziehen oder vielleicht auch {se non fors´anche} auf alle sieben Weisen Griechenlands:  ¶  «Göttliche Philosophie» wird von Bacon, De dignitate et augumentis scientiarum, III, 2, die natürliche Theologie genannt, aus der Vico, §§ 342 und 366 mit der Metaphysik eins macht.  ¶  Platon wurde nicht aus dem von Vico angenommenen gewundenen Grund «göttlich» genannt  ¶  In der Behauptung, daß die Verleugner der Vorsehen nicht Weise sondern Toren genannt werden müssen, steckt außer einer deutlichen Erinnerung an das paulinische «dicentes se esse sapientes, stulti facti sunt» (Ad rom., I, 22), eine mögliche Anspielung auf Bayle (vgl oben § 360) und allgemein auf den ~Prävoltaireianismus: eine Form des Geistes/Geistesart, die kurz vor der Veröffentlichung der Scienza nuova sich in Neapel augenfällig manifestiert hatte in der Istoria civile von Giannone.  ¶  Bei den antiken/alten italianischen Schriftstellern bedeutet «divinità» soviel wie «geoffenbarte Theologe», aber nicht in dem Ausdruck »«scienza in divinità», zu der die Wörterbücher keine Belege anführen, sondern in der anderen «maestro in divinità» (= Theologe). Vgl. das Vocabolario degli accademici della Crusca in dem zitierten neapolitanischen Neudruck II, 137. (NICOLINI I, 123/24)