§ 381 - N I C O L I N I

Der Grundsatz über die poetischen Charaktere ist der XLIX (§ 209).  ¶  «Die heidnischen Völker/Nationen ... mußten daher alle ihrer Natur nach dichterisch /poetisch sein» : man erinnere das, was Vico von den ~primitiven, ganz aus Dichtern bestehenden Völkern gesagt hat (§§ 200, 352, usw.)  ¶  Die ~primitiven Menschen /Urmenschen {Gli uomini primitivi ; passim bei Nicolini} hätten {avrebbero} begonnen, «Gott nach dem Attribut seiner Vorsehung zu betrachten» insofern, nach Vico, die heidnische Weissagung {divinazione} Vorläuferin der christlichen Vorsehung ist (§  342).  ¶  Zu dem theologischen Dichtern {poeti teologi} in der besonderen Bedeutung von «Deuter /Interpreten der Auspizien» oder Seher, vgl. § 365; zur Muse als Wissenschaft vom Guten und vom Bösen ibid.; zum Verbot der Weissagung für Adam § 167.  ¶  «Mystes», also «Eingeweihter», «Priester eines heimliche Kultes» wurde besonders hinsichtliche der orphischen Mysterien oder Riten gesagt.: von daher die Hypothese Vicos, daß Horaz, Ad Pis. 398 (vgl. auch Vico, Opp. VII, 76), indem er Orpheus «sacer interpresque deorum» nannte, durch eine Umschreibung das griechische Wort musthV wiedergäbe {rendesse} .  ¶  Nicht zwölf, sondern nur zehn sind die in der Antike bekannten Sybillen (Varro in Laktanz, Div. inst. I, a6; und vgl. den hl. Augustinus, De civ. Dei XVIII, 29). Zur Behauptung, daß jedes Volk eine hatte, wurde Vico veranlaßt einerseits von seinem Glauben, daß sie zwölf ausmachten - eine Zahl, die für ihn eine unbestimmte Menge symbolisierte (§ 642); - andererseits vielleicht davon, daß jeder Sybille ein anderes Vaterland und ein anderer Wohnsitz zugewiesen wurde (Hofmann IV, 155). Aber schon in der reichlichen Literatur des siebzehnten Jahrhunderts über das Thema begann man zu glauben, daß sie alle von einer einzigen abstammten. Vgl. z.B. De Sybilla libri tres (Lipsia 1686) des pariser Latinisten und Poeten ~Pierre {Pietro} Petit (1617-87). (NICOLINI I, 137)