§ 424 - N I C O L I N I

Vgl. § 91.  ¶  Zum «Nosce te ipsum», § 414 und 416.  ¶  «Doch Äsop hatte schon früher dergleichen Lehren in Gleichnissen gegeben : das heißt nicht in abstrakten Maximen, wie schon, wenn auch mit politischer Bedeutung, das «Erkenne dich selbst» eine ist, sondern noch mit mythischen Personifikationen oder, genauer gesagt, in jener Form von Vergleichen («Gleichnissen» :«somiglianze»), wie sie der Apolog {<- LEXSACHEN.RTF} oder die Fabel (in der äsopischen Bedeutung des Wortes) darstellen. Damit ist Vico auch in dieser Hinsicht Vorläufer von Warburton, der, nicht ohne viele Beispiele aus den hebräischen Propheten heranzuziehen, behauptet (Essai, I, 63-88) daß der Fortschritt der Zivilisation die allzugrobe «Sprache aus Handlungen {lingua d'azione} » (§ 400) noch nicht durch das allzu schwierige abstrakte Argumentieren {ragionamento} ersetzte, sondern eben durch den Apolog. Auch sind, obwohl von Vico nicht explizit formuliert, in seiner Theorie der poetischen Charaktere die anderen Beobachtungen Warburtons impliziert: daß der Apolog mit den «symbolischen Hieroglyphen» verglichen werden kann», also mit jenen, die Vico «stumme Gleichnisse» und «heroische Wappen : imprese eroiche» nennt. (§§ 484 ff.); daß ein berühmt gewordener Apolog sich in ein Sprichwort verwandelt (§§ 161 und 445); und daß Abkömmlinge {derivazioni} des Apologs das Gleichnis und die Metapher sind. Dabei ist nicht ganz klar, ob Vico, wenn er von den «Gleichnissen» spricht, deren sich noch vor Äsop die Dichter bedient hatten, «um sich auszudrücken», die poetischen Gleichnisse im eigentlichen Sinn meint, angefangen mit den homerischen, oder die Mythen der theologischen Dichter als Gründer der Völker (§§ 401-402), oder aber, wie es den Anschein hat, beides zugleich.  ¶  Aus Sokrates den «Vater aller Philosophenschulen» zu machen, heißt, den Beginn der griechischen Philosophie um ein Jahrhundert später anzusetzen. Aber Vico hatte, auch weil er sie kaum kannte, wenig Wertschätzung für die der präsokratische griechische Philosophie (vgl. § 92).  ¶  Natürlich bezieht sich der Ausdruck «dieAristoteles später mit dem Syllogismus vollendete» nicht auf die Induktion sondern auf die «Dialektik».  ¶  «Aber den beschränkten Geistern genügt die Anführung eines einzigen ähnlichen Beispiels, um überzeugt zu sein»: eine Zusammenfassung und Vertiefung der Bemerkung Quintilians V, 13: «fabulae ducere animos solent, praecipue rusticorum et imperitorum, qui et simplicius quae ficta sunt, audiunt, et, capti voluntate, facile iis quibus delectantur consentiunt». (NICOLINI I, 157/58)