§ 736 - N I C O L I N I

Zum Hinweis auf die «natürliche Theogonie» und auf die «Anachronismus» §§ 734-735.  ¶  «Monarchie des Ninus» hat hier die allgemeine Bedeutung von «assyrisch-babylonischer Monarchie», der ersten der vier in der «Abfolge der Monarchien» der Geschichtsschreibung {storiografia} augustinischen oder mittelalterlichen oder auch {ossia} katholischen Typs: an die Stelle dieser auf der kanonischen Interpretation einer Stelle aus Daniel (II, 31 sqq.) gegründete Abfolge setzt Vico, auch diesmal wenig orthodox, die andere, stattdessen auf der/seiner ganz eigenen Interpretation der Stelle Varros über die verschiedenen vom menschlichen Geschlecht durchlebten {vissute} Zeitalter (§ 52) gegründete, nämlich: allgemeine Sintflut - tierisches Umherirren - Zeitalter der Götter - der Heroen - der Menschen (§ 737).  ¶  Von den Grundsätzen siehe besonders den xlii zusammen mit dem xcix (§§ 195 und 298).  ¶  «gottlose Rasse Sems» will sagen «in Gottlosigkeit und folgendes Umherirren {e conseguente erramento.. } gefallene Semiten», d.h. alle bis auf den Stamm {ceppo} , aus dem das hebräische Volk stammte/ kam {onde derivò} .  ¶  Zur Vielzahl der Jupiter §§ 193-194; zu den neunhundert Jahren des Zeitalters der Götter und den zweihundert desjenige der Heroen 35 und 734; zum späten Abstieg der Völker zu den Meeresküsten {sul tardo discendere dei popoli alle marine} und zu Neptun, 534.  ¶  In Zahlen übersetzt bedeutet der neue chronologische Kanon, der hier als Fundament des neuen, von Vico - der nun {ora} die Behauptungen der §§ 369 und 373 aufgibt, um zu der des § 62* zurückzukehren {per tornare a quella...} - ersehnten {vaggheggiato dal Nostro} Typus von Universalgeschichte aufgestellt wird, daß für die semitischen Völker das tierische Herumirren von Jahre 1656 der Welt oder von 2328 v. Chr. an (Datum der Sintflut) bis 1756/2228 dauerte (hundert Jahre); das Zeitalter der Götter oder die dunkle Zeit von 1756/2228 bis 2656/1328 (neunhundert Jahre), das Zeitalter der Heroen oder die mythische Zeit von 2656/1328 bis 2856/1128 (zweihundert Jahre): Daten/ Zeiträume {termini} , die bis auf das/den erste/n die längere Dauer {la maggior durata} der Wildheit/ Bestialität {ferinità} (zweihundert statt hundert Jahre) um ein Jahrhundert bei den hamitischen und japhetischen Völkern verschiebt.  ¶  Auf der Grundlage des eben genannten Kanons würde in Latium der dies a quo der Zeitalter Saturns oder der Götter oder des goldenen Zeitalters oder der dunklen Zeit (§ 73) auf 1856/2128 fallen und die Ankunft von Ancus Marcius auf dem Thron {l´avvento al trono di... } und die Gründung von Ostia {SN a prendervi Ostia} - mit welchen Ereignissen Vico eben in Latium {nel medesimo Lazio} das Zeitalter der Heroen beginnen läßt - auf 2756/1128, d.h. etwa fünfhundert Jahre vor dem traditionellen Datum der Gründung Roms. Doch {Tuttavia} ist Vico so sehr diesem traditionellen Datum verhaftet {è cosí attaccato a cotesto....} , daß er in der Chronologischen Tafel den Beginn des Zeitalters Saturns auf 2491/1493 fallen läßt und, implizit, das {quella (- età) del regno...} der Herrschaft des Ancus Marcius etwas weniger als neunhundert Jahre danach, also fast auf das von der traditionellen Chronologie festgesetzte {indicato} Jahr, nämlich auf 3345/639 (Petau II, 303). «Implizit», da, obwohl in der Tafel Ancus nicht genannt wird, der Beginn der Herrschaft von Numa Pompilius auf das Jahr 3290/694 gelegt wird und das Ende derjenigen von Servius Tullius auf 3468/536. Dagegen legt {colloco} die Tafel in perfekter Übereinstimmung mit dem oben genannten Kanon Minos oder den Beginn des Zeitalters der Heroen in Griechenland (§ 636) auf 2752/1232, Jason (§ 637) auf 288/1184, den trojanischen Krieg (§§ 641 und 643) auf 282/1164, also ungefähr auf die von der traditionellen Chronologie angegebenen Jahre (Peteau II, 289 und 291).  ¶  Indem er hinzufügt, daß das Zeitalter der Götter für die Griechen mit der Rückkehr des Odysseus nach Ithaka endet, setzt Vico implizit dieses Ereignis zweihundert Jahre nach Minos an {pone} , also um 2950/1034, und läßt so Odysses mindestens hundert Jahr den trojanischen Krieg überleben. Man bedenke aber {Ma si ricordi} , daß für Vico Odysseus ein poetischer Charakter oder ein Mythos ist, nämlich ein Mensch, dem die Überlieferung {la tradizione} auch Vorfälle zugeschrieben hat, die sich mit/ bei anderen, nach ihm kommenden Menschen ereignet haben {casi accaduti anche ad altri uomini a lui posteriori} (§ 403).  ¶  Der Gründung von Tyrus (§ 297) und dem Impuls, den die Phönizier der Schiffahrt gegeben haben, weist Vico das Datum «mehr als tausend Jahre nach der Sinflut» zu, um diese Ereignisse mit dem letzten Jahr des Zeitalters der Götter bei den semitischen Völkern zusammenfallen zu lassen (2626/1328). Aber dieser ganze Kanon löst sich in Luft auf mit der zugefügten Behauptung {è mandato per ario dalla soggiunta asserzione} , daß das tierische Herumirren oder das Zeitalter der Götter {1 = 2?} - d.h. die Jahre 1656/2328-2656/1328 für die Semiten und 1656/2428-2756/1228 für die Hamiten und Japhetiten - von allen Völkern der Welt in den binnenländischen Gegenden {nelle regioni entro terra} des Orients, nämlich in Mesepotamien und den benachbarten Ländern durchlaufen wurden {furono vissuti} , und daß erst zu Beginn des heroischen Zeitalters (2656/1328 und 2756/1228) die weiter fortentwickelte Schiffahrt es den verschiedenen Sippen/Völkern {genti} erlaubte, sich über die ganze Erde zu zerstreuen {spargersi} . Ein Paradox, zu dem Vico gelangte, indem er, wieder einmal, versuchte (vgl. § 62) , irgendwie {in qualche modo} seine Lehren mit Genesis zu vereinbaren {conciliare} , mit dem naheliegenden Ergebnis - da es sich um unvereinbare Dinge // Unvereinbarliches handelt - sowohl jenen wie dieser zu widersprechen // sowohl mit jenen wie mit dieser in Widerspruch zu geraten.  ¶  Der zum Schluß angeführte Grundsatz ist der c (§ 300).

ZUSATZ: *§ 62: Sem-Nachfolge: Korruption der - irgendwie doch erhaltenen - hebräischen Sprache bei orientalischen Völkern - Ham/Japhet: Zustand bar jeder menschlichen Sprache überhaupt; § 369,373 hingegen: Entmenschung aller drei Noachiden mit chronologischer Differenz zwischen Semiten und dem Rest.