§ 852 - N I C O L I N I

{korr 12.08.98} Von «Rhapsode» waren im sechzehnten-siebzehnten Jahrundert zwei Etymologien geläufig: von rabdosV, also dem Lorbeerzweig, dessen sich die Rhapsoden bedienten - rot, wenn das gesungene Stück zur Ilias gehörte; gelb, wenn zur Odyssee (Scaliger, l.c.); - und [von] para to raptein wdhn : «consuere seu connectere carmen». Dieser zweiten Etymologie, die auf ~Filocoro zurückgeht, und der sich dann größtenteils Scaliger folgend {???: dallo Scaliger in poi} die communis opinio zugewandt hatte (vgl. Hofmann, l.c.), pflichtet Vico bei, so wie ihr schon Boisrobert und D´Aubignac beigepflichtet hatten. Mit dem Unterschied indes, daß Vico, auch diesesmal vorsichtiger, sich damit begnügte, die Rhapsoden allgemein als Rezitatoren und Sammler von Volksliedern vorzustellen: während D´Aubignac, indem er einen Vergleich Scaligers zwischen der Rhapsodie und dem allermeist parodistischen Cento {Flickgedicht} (Poetica, libro I, cap. 43) ins Extrem trieb, apodiktisch behauptet, daß die Iliade ein «Centon» /31/ aus vierzig kleinen Kurzepen/Epyllia {poemetti} ist, komponiert «séparément» von verschiedenen Autoren, hier und dort von den obenerwähnten blinden Bettlern gesungen und schließlich «assemblés» zu einem einzigen Epos {unico poema} von großem /riesigem Umfang {di grande mole} in einer gänzlich mechanischen Prozedur, kaum anders als die, mit der in Paris eine Komödie in fünf Akten zusammengehauen worden war {era stat messa insieme} , «toute composée de chansons communes ou du Pontneuf, sans y avoir ajouté seulement un vers, non pas même une parole, pour en faire les liaisons». (NICOLINI II, 31/32)