§ 905 - N I C O L I N I

Die drei «Zeitalter von Dichtern vor Homer» reduzieren sich eigentlich {strada facendo, SANS: unterwegs} auf zwei, da {dal momento che} das dritte für Vico eben das Zeitalter Homers ist (vgl. auch § 808). Jedenfalls {Comunque} macht Vico sich {fa propria} , indem er sie seinen Theorien anpaßt, eine Dreiteilung von Scaliger, Poetica, I, 2, p. 11 zu eigen, der ein erstes Zeitalter unterscheidet, unkultiviert und roh, das von sich «tantum suspicionem, sine nominis memoria» hinterlassen hat; ein zweites (dem ersten Vico´s entsprechendes), in dem «theologia et mysteria» gepflegt wurden, und dessen Repräsentanten Orpheus, Musäus und Linus waren; und ein drittes (etwa dem zweiten und dritten Vico´s entsprechendes {corrispondente su per giù alla ...} ), in dem Homer, Hesiod und andere lebten.  ¶  Auf welche mythischen Personen Vico sich bezieht, wenn er von den prähomerischen theologischen Poeten und Heroen spricht, geht aus dem § 901 hervor. Aber da er hier wieder auf seine Lieblingsbehauptung zurückkommt {insiste sulla sua affermazione favorita che} , daß die «wahren und strengen» Mythen des Zeitalters der theologischen Dichter {poeti teologi} (Musäus, Linus, Amphion usw.), die sie als erste {primi} gestalteten und sangen {che primi le foggiarono e cantarono} , sich im folgenden Zeitalter der heroischen Dichter {poeti eroici} veränderten ( {LEXNAMEN.RTF ->} Demodokos, {LEXNAMEN.RTF ->} Phemios {Femio} ) und, so verändert und verdorben, von Homer übernommen wurden, der im folgenden dritten Zeitalter lebte {vissuto in una posteriore terza età} (§§ 80 und 81) , müßte man einerseits schließen , daß die jahrhundertlange Ausarbeitung des historischen Materials der Geschichte der Ilias und der Odyssee im ersten Zeitalter begonnen habe, um am Ende des zweiten zur Vollendung zu gelangen, oder, was auf dasselbe hinausläuft, daß die 460 Lebensjahre, die dem Homer als Symbol {poetischer Charakter} zugeschrieben werden (§ 880 {?; aber : § 876}) , während dieser zwei Zeitalter /Zeitabschnitte abgelaufen sein müssen; und andererseits, daß der Homer, der im dritten Zeitalter /Zeitabschnitt gelebt hatte, nicht mehr Homer als Symbol gewesen sei, sondern der doppelte {il duplice} Homer als Individuum. Jedoch nicht einmal mit dieser Deutung werden alle Widersprüche ausgeräumt. Denn in diesem Fall müßte entweder Homer als Autor der Ilias nicht etwa //nicht schon {non già} in den dritten Zeitabschnitt {età} , in den ihn Vico setzt (bzw. an das Ende jener 460 Jahre) versetzt werden; oder aber man müßte, um die «vielen Zeitalter» {Ü H/J}zu wahren, die zwischen der einen und der anderen Dichtung vergangen wären (§ 880), Homer als Autor der Odysse nicht zur Zeit Numas, also an der Wende {a cavaliere tra} vom achten zum siebten Jahrhundert v.Chr. leben lassen, sondern wenigstens an die hundert Jahre später {un centinaio d´anni dopo} ; was darauf hinausliefe, ihn als Zeitgenossen Solons und fast der Peisistratiden anzunehmen.  ¶  In dem Satz {Nella frase} «über welche die Philosophen allzu dunkel und verworren geschrieben haben» ist «Philosophen» ein Druckfehler {Nicolini meint seine eigene Ausgabe Opp. IV-2} für «Philologen». Möglich ist, daß jene unter diesen, gegen die Vico hier die im § 906 durchgeführte Polemik ankündigt, nach seiner Meinung Scaliger und Saumaise waren. Scaliger gibt im ersten Buch der Poetica auch eine Geschichte der sogenannten poetischen Gattunge und Saumaise gibt in den Pliniane exercitationes, passim ähnliche Auskünfte über die {esibisce parecchie notizie} griechische dramatische und lyrische Dichtung. (NICOLINI II, 44/45)