§ 1027 - N I C O L I N I

[15.11.99 :1027uebr.htm - als Test] Der zu Beginn zitierte Grundsatz ist der der IX (§ 132).  ¶  Zur mancipatio, § 433. Die Etymologie, die Vico dem Wort zuweist, ist durch die Entdeckung der Institutiones des Gaius {Niebuhr} bestätigt worden (vgl. I, 121: «quia manu res capitur». Zu der folgenden Bemerkung, daß die Manzipationen «mit wirklicher Hand begannen, was heißen soll: mit wirklicher Gewalt», vergegenwärtige man sich das allgemeines Prinzip Vicos, daß ursprünglich die abstrakten Begriffe materialistisch durch sinnenfällige Dinge bezeichnet wurden (§ 404): ein Prinzip, das sich die heutigen Historiker des römischen Rechts gerade hinsichtlich der mancipatio, des mancipium usw. zu eigen gemacht haben; denn in diesen Worten sehen sie, wie schon Vico, nicht die Vorstellung der materiellen Hand angedeutet, sondern die ganz andere der Gewalt oder Macht.  ¶  Hinsichtlich der ceiroqesia und der ceirotonia hebt Stephanus Thesaurus, ad vv. (vgl. auch Ducange, ad v. manus impositio) hervor, daß in den Akten des zweiten Konzils von Nicaea Tarasius {EncBrit, Nicea, Council of; LexdAW-; klPauly-}, der Patriarch von Konstantinopel, mit dem zweiten Wort den kirchlichen Segen bezeichnet hatte, und mit dem ersten die ~geistliche Weihe{l'ordine sacro}, um dann hinzuzufügen, daß Budé sich zwar auf Tukydides beruft, wenn er dem zweiten Wort die Bedeutung von «Plebiszit» oder «Abstimmung» gibt, daß der griechische Historiker aber nicht so sehr von suffragium {Abstimmung} sprechen will, als von der suffragium latio {latio suffragii- LANG: Stimmrecht; GAFFIOT: droit de voter, vote -- suffragium acclamatio??}. Vico liegt deshalb ziemlich richtig, wenn er die ceiroqesia auf die zu wählende Autorität bezieht, die ceirotonia jedoch auf die schon gewählte. Jedoch gibt es in den Quellen keinen Anhaltspunkt für seine folgende Bemerkung , daß die ceirotonia die acclamationes der alten römischen Kaiser gewesen wären, und daß man diese vorgenommen hätte, indem man die Hände in die Höhe hob. Wenigstens sagen nichts dergleichen die Scriptores historiae augustae, die doch so viele Akklamationen {H/J «Beifallsbezeugungen für..»} von Kaisern beschreiben (Lampridius {LdAW}, Alexander Severus, 6; Julius Capitolinus {LdaW-, klPauly-,EncBrit-}, Maximini duo 17 und 25, Gordiani tres, 11; Flavius Vopiscus {LdaW-, klPauly-,EncBrit-}, Tacitus, 4, 5 und 7, etc., noch die Schriftsteller des siebzehnten Jahrhunderts, in denen Vico hätte nachschlagen können {dafür tuts N.}: z.B. Justus Lipsius, Electa II, 10, in Opera, ed.cit, I, 311 sqq., oder auch ~~Francesco Bernardini Ferrari, De veterum acclamationibus et plausu, eingefügt in den Thesaurus des ~Grevius {Grevio}, VII (1732), pp. 1-230. Aber vielleicht dachte Vico, indem er trotzt ihrer Unterscheidung Wahlen und Akklamationen verwechselte, an den uralten Brauch bei den ersteren, die Zustimmung zur Wahl durch Erhebung der rechten Hand auszudrücken. Ebenso findet sich für die folgende Behauptung, daß man im Mittelalter bei der Akklamation von Kaisern und Königen die Hände zu heben pflegte, keine Bestätigung in de electione romanorum imperatorum et regum Italiae von Muratori (Antiqq., I, 3): also könnte es sein, daß Vico den Brauch der Franken, Goten, Langobarden und Burgunder, den Schild in die Höhe zu heben, auf dem sie den gewählten König zu tragen pflegten, mit der einfachen Handerhebung verwechselte  ¶  Zum «mancipium» s. Florentinus, in Dig. I, 5, 4, 3 («quod ab hostibus manu capiantur»), und vgl. oben § 433.  ¶  Nicht besonders klar ist, was Vico über den (zu seiner Zeit so kontroversen) Ursprung der Unterscheidung der res in «mancipi» und «nec mancipi» konjekturiert. Auf jeden Fall scheint er folgende zwei Auffassungen vorbringen zu wollen: {1} daß die ursprüngliche mancipatio, als gewaltsame Besitzergreifung verstanden, bei den Römern in der occupatio Spuren hinterlassen habe, insofern diese einerseits «mancipia» (mit Gewalt ergriffen) die zu Sklaven gemachten Kriegsgefangenen nannten, andererseits «res mancipi» die Beuten und die Eroberungen; {2} und daß diese Beuten und Eroberungen für die siegreichen Römer res mancipi waren, worüber sie ein dominium optimum oder quiritarium ausüben konnten, und «nec mancipi» für die Besiegten, die, da sie der heroischen Rechte beraubt waren, in den Besitz dieser res, wenn sie darüber hätten verfügen können {qualora fossero tornate in loro potere}, nur bonitarisch hätten wieder eintreten können. Was sicherlich ein Unterscheidungsmerkmal ist, das in vollem Mißklang mit dem in den Quellen der klassischen Periode entwickelten steht (vgl. z.B. Ulpian, Fragm., XIX, 1), aber doch eindringlich den unzweifelhaft politischen Charakter bekräftigt, den im ursprünglichen römischen Recht das Institut des Eigentums hatte.  ¶  «So sehr entstand die Manzipation bloß innerhalb der Mauern der Stadt Rom» etc: eine erneute Bekräftigung der Theorie, daß alles, was im römischen Recht als Institut des zivilen Rechts oder als nur für die Römer gültig behauptet wird, statt dessen, rebus ipsis dictantibus, bei allen Völkern entstanden ist. (§ 582)