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und um herabzusteigen von diesen unsern menschlich veredelten Naturen zu jenen wahrhaft wilden und unmenschlichen ; von denen uns ganz und gar versagt bleibt, uns ein Bild zu entwerfen , und mit großer Anstrengung kaum möglich ist , ihr Dagewesenseyn zu begreifen , auf alle die harten Schwierigkeiten , die uns eine Untersuchung von wohl zwanzig Jahren gekostet haben .
339           Nach diesem allen müssen wir ausgehen von irgend einer Erkenntnis von Gott ; als deren keinerlei Menschen beraubt seien , wenn schon sie waldroh , wild und unmenschlich : diese Erkenntniß, beweisen wir, sey folgende ; daß der gefallene Mensch, in der Verzweiflung an jeglicher Hilfe von Seiten der Natur , sich sehnt nach einem Höheren , das ihn rette : aber das Höhere über der Natur ist Gott : und das ist das Licht , welches Gott über alle Menschen ausgegossen hat . Das bestätigt sich an der gemeinen menschlichen Weise , daß die Wüstlinge, wenn das Alter herankommt , weil sie fühlen, wie ihre natürlichen Kräfte abnehmen , von Natur fromm werden .
340           Aber dies Urmenschen , welche nachher die Urheber der heidnische Völker geworden , mußten denken kraft heftiger Ausbrücke der gewaltsamsten Leidenschaften , welches das Denken ist von Thieren . Daher haben wir uns an eine Vulgäre Metaphysik zu wenden , welche angekündigt worden in den Grundsätzen , und, wie wir finden werden , die Theologie der Dichter war ; und von ihnen, dieser Metaphysik und Theologie, zu erforschen den schreckenden Gedanken an irgend eine Gottheit , welche den viehischen Leidenschaften solcher verlorenen Menschen Maaß , und Ziel setzte , und sie zu |186| menschlichen Leidenschaften umschuf . Aus einem solchen Gedanken mußte der Anstoß erwachsen , welcher eigen ist dem Willen des Menschen , die Bewegungen, welche der Seele vom Körper aufgedrück werden, in Zaum zu ahlten , um entweder sie ganz und gar zu beschwichtigen , welches die Sache des Weisen ist , oder wenigstens ihnen eine andere Richtung zu besserem Gebrauch zu geben , welches die Sache ist des Gesittigten Menschen . Dieses Zügeln der körperlichen Eindrücke ist außer Zweifel eine Wirkung der Freiheit Menschlicher Willkühr , und demnach des freien Willens ; welcher die Behausung ist , und der Aufenthalt aller Tugenden , und unter andern der Gerechtigkeit ; durch welche gebildet der Wille das Subjekt ist von allem, was Recht heißt , und von allen Rechten , welche ausfließen von dem, was Recht heißt : |120|

 



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