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seine Sibylle hatte ; deren uns auch ihrer zwölf angeführt werden ; daher die Sibyllen , und die Orakel die ältesten Erscheinungen des Heidenthums sind .
382           Auf diese Weise stimmet zu allen hier erörterten Gegenständen jene Anführung aus Eusebius in den Grundsätzen , wo er von den Ursprüngen der Abgötterei redet ; daß das erste einfache , und rohe Geschlecht sich die Götter erschuf ob terrorem praesentis potentiae . Solchergestalt war es die Furcht , welche die Götter in der Welt schuf ; aber , wie in den Grundsätzen  ausgesprochen wurde , nicht eine Furcht, die von einem Menschen auf andere kam , sondern aus ih|230|nen selbst über sie selbst . Mit diesem Principium der Abgötterei ist zugleich dargethan das Principium der Weissagung , die eine Geburt zur Welt brachte  : und an diesen beiden Principien schließt sich unmittelbar das der Opfer , die sie thaten, um die Auspicien zu procurieren , oder wohl zu verstehen .
383           Diese Abstammung der Poesie wird uns letztlich bestätiget durch folgende ihre ewige Eigenthümlchkeit , daß ihr eigentlicher Stoff ist das glaubhafte Unmögliche ; wie denn unmöglich ist , daß die Körper Geist seyen , und doch geglaubt ward , der donnernde Himmel sey Jupiter : woher die Dichter sich auf nichts häufiger einlassen , als auf die Besingung der durch Zauberinnen mittelst der Incantationen bewirkten Wunder : welches herzuleiten ist aus einer verborgenden Ahndung , welche die Völker von der Allmacht Gottes haben ; von der ihren Ursprung nimmt jene andere , vermöge deren alle Völker von Natur gestimmt sind, der Gottheit unbegränzte Ehren zu erweisen : und in solcher Weise gründeten die Dichter den Heiden die Religionen .
384           Und mit allem bisher gesagten stürzt jegliches zusammen , was über den Ursprung der Poesie gesagt worden zuerst von Plato , sofort von Aristoteles , bis auf unsern Patricius , Scaliger , Castelvetro  , indem sich erfunden , daß aus Ermangelung menschlicher Vernunfklarheit die Poesie so erhaben ward , daß durch Philosophieen , welche späterhin aufstanden , durch poetische , und criti|231|sche Kunstlehren , eben wegen dieser selbst , nie eine gleiche , geschweige eine größere hervorgebracht worden : daher das Vorrecht |145|

 



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