McLuhan ABJ - Blätterfolge 5

ABJ\ABJ_05.WP * 25.11.1993

Nach Arthur KROKER, Technology and the Canadian Mind.1984.

"In a fully tragic sense, McLuhan's final legacy was this. he was the playful perpetrator, and then victim, of a sign-crime." (86) (Fußn 99, S. 139: "Professor Andrew WERNICK(E?) coined this term in describing the interplay of power/media in the thought of the contemporary French socialist theorist, Jean BAUDRILLARD".

-> Medienmaschine ist nur durch Selbst-von-ihr-prozessiert-werden, und durch (pantomimische) Darstellung dieses Prozesses der AUFZEHRUNG /VERZEHR-DURCH-DAS-SYSTEM erkennbar. Understanding Media = Verstehen der Medien nur aus der Sicht ihres Rohstoffes möglich, also = Von-Ihnen-Verstandenwerden. So können die Knusperäffchen in der TV-Dino-Familie vom Standpunkt des Genußmittels für ihre Erhaltung nur vom Standpunkt des Genußmittels für die Medien- und 'Erlebnisgesellschaft' argumentieren.

Jurassic-Parc: hochgradig selbst-allegorisch (Autopoiesis - Autoallegorese?), Allegorie des Prozesses seiner medientechnischen (computergenerierten-computergenerierenden, zeugenden und exzerptierenden) Erzeugung und Vermarktung; Adventures und Pilgrim's Progress im gefährlichen Terrain Medientechnischer Durchbrüche; Sauerier = Exzerpte aus den Köpfen der Konsumer, spontane Zeugung aus psycho-pulp und Seelenmatsch; Kathartischer Effekt durch völlige Explizitness und Viszualiserung von Ubw als High-Tech-Träume ermöglicht gutes Ende: der Genuß von Jurassic Parc befreit seine ZuschauerInnen durch Furcht und Schrecken angesichts der technischen Beherrschung ihrer Phantasmen und Träume zu reiner Menschlichkeit: Kinderkriegen. Familie wird wieder möglich über Hybridiserung von Wissenschaft und Medientechnologie im Dienste der Befreiung von Zeugungsängsten (des kinderrettenden Hauptagenten) durch perfekte dramatische Inszenierung der neuesten Effekte von Medientechnologie: Katharsis von Medien durch Medien, von Schrecken der Computergenerierung von Phantasmen und Kindheitsalpträumen durch Dramatisierung ihrer Generierung.

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M. GIESECKE. Der Buchdruck in der frühen Neuzeit. Eine historische Fallstudie.

"Das Sehen wird aus dem zurvor vorhandenen Wechselspiel der Sinne herausgerissen.[...]." (ff McL; 653)

"Während sich die 'Weisheit' als Mischprodukt der unterschiedlichsten, im Idealfall aller Sinnesorgane langsam aufbaute, ist das wahre Wissen der Neuzeit das Ergebnis vergleichsweise kurzfristiger Anstrenungen EINES Sinnesorgans. Während der Gläubige von der Einheit und dem Zusammenhang der Schöpfung ausging, trennt der analtytische Verstand die Dinge, gewinnt seine Erkenntnis aus dem Zerlegen von Zusammengehörigen." Rodgrigo von Zamorra, Zeitgenosse Gutenbergs, span. Bischof "geißelt soches 'Thuon' als 'eebrüchig' und 'unnatuerlich' [SODOMIE....] Wer die ganzen Dinge zerteilt, 'conjuncta segregar' und das Geteilte wieder zusammenfügt, 'segregata conjungere', schreibt er in seinem Bestseller Speculum human[a]e vit[a] e, handelt wieder die göttlichen Gesetze und das Wirken der Natur...."

"Das unbändige Zerteilen udn Zerlegen der Dinge, das ja auch die Grundbedingugn der Erfindung Gutenbergs ist, bestimmt die Neuzeit.....'holistische Sichtweisen'" (654)

Aber: Visualität = Ergebnis der Transparenz der phonetischen Schrift; dem Schwinden der Materialität der Zeichen. Zugleich aber ist Schrift Fremdkörper. Aber jetzt unsichtbarer. Das Verderben schleicht sich als völlig neutralisiertes über visuellen Kanal ins Herz; die unsichtbare schwarzen Sporen disseminieren Reflexion und "inner deviation". Und was bekommt der Mench zu SEHEN? Sich selbst. Typographie zerreißt den ikonischen Schleier vorm Bild des Menschen [denudation], der diesem zugleich schützende Windel und bergende Einbettung in kosmischem Schoß war.

GIESECKES holistische Ausblicke (es sind zugleich konstruktivistische: LUHMANN)

Aber die großen Druckprojekte des Jesuiten Athanasius Kircher, ebenso die drucktechnisch-graphischen Innovationen, derer sich sowohl die späteren Herausgeber der Werke von Jacob Böhme, wie auch die Englischen 'Kabbalisten' Fludd und Dee bedienten: Visualiserung kosmischer Projekte der 'Alten Theologie'. 'Holistisch' im Extrem.

Giesecke mit McL: Visualisierung der Visualisierung. "Man SIEHT, ohne eine geradezu zwanghafte Genauigkeit ließ sich die Gutenbergsche Idee nicht verwirklichen." (82)

Computer: Verschwinden des Verschwindens. Der unsichtbar Code zieht sich in Programme und über sie ins Innere der Maschine zurück, wo Schrift und Bild nicht unterscheidbar sind. Zerlegen und Zusammensetzen eben nicht mehr sichtlich-unsichtbar.

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26.11.1993------- GG 248/183 "thesame isolated spelle or sense" -> "homogeneity [vgl lineaL]". Buchdruck HYPNOTISIERT [Amplifiziert zu Genereller Medienmedizin: die Einschußstelle wird betäubt, der Schmerz wandert an Peripherien (s. WP...?: PHANTOMSCHMERZEN); UM überall; weit ausgeführt bei KROKER : McL- antike Medizin - SEMIOTISCHE SYMPTOMatologie]; HEUTE [dateline] leben wird nicht mehr "under this SPELL of the VISUAL ISOLATED SENSE" (248/183) [immer der gleiche Schrift-Ast [UM] mit Adjektiv-Christbaumkugeln behängt]. HEUTE stehen wir unter "new spell".

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GADAMER, Wahrheit u Methode, Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik. Tübingen: J.C.B.Mohr, 1960 (LWS BAb960]

«Diltheys Studien zur Entstehung der Hermeneutik entwickeln einen in sich stimmigen und unter den Voraussetzungen des Wissenschaftbegriff der Neuzeit überzeugenden Zusammenhang. Erst einmal mußte sich die Hermeneutik aus aller dogmatischen Beschränkung lösen und zu sich selbst befreien, um zu der universalen Bedeutung eines historischen Organon aufzusteigen. Das gehschah im 18. Jhdt, als Männer wie SEMLER und ERNESTI erkannten, daß ein adäquates Verständnis der Schrift die Anerkennung der Verschiedenheit ihrer Verfasser, also die Preisgabe der dogmatischen Einheit des Kanon voraussetzte. Mit dieser "Befreiung der Auslegung vom Dogma" (Dilthey) rückte die Sammlung der Heiligen Schriften der Christenheit in die Rolle einer Sammlung historischer Quellen, die als Schriftwerke nicht nur einer grammatischen, sondern zugleich auch einer historischen Interpretation unterworfen werden mußten [Fußn 2: SEMLER, der diese Forderung stellt, meint damit freilich noch dem Heilssinn der Bibel zu dienen, sofern der historisch Verstehende "nun auch imstande ist, von diesen Gegenständen auf eine solche Weise jetzt zu reden, als es die veränderte Zeit und andere Umstände der Menschen neben uns erfordern" (zit nach G. EBLEING, RGG3 Hermeneutik)- also Historie im Dienste der applicatio]. Das Verständnis aus dem Zusammenhang des Ganzen fordert jetzt notwendig auch die historische RESTITUTION des Lebenszusammenhanges, dem die Dokumente zugehören. Der alte Auslegungsgrundsatz, das Einzele aus dem Ganzen zu verstehen, war nicht mehr auf die dogmatische Einheit des Kanons bezogen und beschränkt, sondern ging auf das UMFASSENDE [involve!] der geschichtlichen Wirklichkeit, zu deren Ganzheit das einzelne historische Dokument gehört.

Und wie es nunmehr keinen Unterschied mehr gibt zwischen der Interpretation heiliger oder profaner Schriften und damit nur eine Hermeneutik existiert, so ist diese Hermeneutik am Ende nicht nur eine propädeutische Funktion aller Historik - als Kunst der rechten Auslegung schriftlicher Quellen - sondern ÜBERGREIFT [Übergriff] noch das ganze Geschäft der Historik selbst. /165/ Denn was von den SCHRIFTLICHEN Quellen gilt, daß jeder Satz in ihnen nur aus dem Zusammenhang verstanden werden könne, das gilt auch von den INHALTEN [s. MA verba - res], die sie berichten. Auch deren Bedeutung steht nicht für sich fest. Der weltgeschichtliche Zusammenhang, in dem sich die Einzelgegenstände der historischen Forschung, große wie kleine, in ihrer wahren relativen Bedeutung zeigen, ist SELBST EIN GANZES, von dem aus ALLES EINZELNE in seinem Sinn erst voll verstanden wird und das umgekehrt erst von diesen Einzelheiten aus voll verstanden werden kann: die Weltgeschichte ist gleichsam das GROSSE DUNKLE B U C H , das in den Sprachen der Vergangenheit verfaßte SAMMELWERK des menschlichen Geistes, dessen Text verstanden werden soll [ H Y P E R T E X T ]. Die historische Forschung versteht sich selbst nach dem Modell der PHILOSOPHIE, deren sie sich bedient. Wir werden sehen, daß das in der Tat das Vorbild ist, dem folgend Dilthey die historische Weltanschauung begründet.» (164/165)