McLuhan ANG - Blätterfolge 23

ANG\EXEG_11.WP * 23.10.1993

Mit Paolo ROSSI: Philosophy, Technology and the Arts in the Early Modern Era, 1970, I Folosopfi e le Macchine, 1962.

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Marx: der organisch-industrielle Gesellschaftliche Körper/Leib, der sich selbst perfektioniert (Elend der Philosophie): Menschen selbst = "Schausteller und Verfasser ihrer eigenen Geschichte" (s. REF\MARX_1.REF).

Darein bricht das Andere, das Wort (Ong), dabar (Bomann), Schall (Jacob Boehme), das eigentlich schöpferische Prinzip, und in konvulsivem Terror (McL) unter dieser Beschallung (s. Assmann in Einleitung zu HAVELOCK Schriftlichkeit), der Pervasiveness von MEDIEN (eben nicht mehr PRODUKTIVKRÄFTE) wird das Mechanisch/Schriftliche (wieder) ausgefällt: UM-Zit an der Wand.

McL: Typographie.... irgendwie sagt er nichts anderes als DERRIDA, obwohl.... McL: Einbruch durch INTER-FACE. Will sagen (fragen): die Re-Devaluierung des 'Mechanischen' (Descartes, Bacon, Hobbes bei ROSSI) läuft über Einbruch der SCHRIFTFRAGE, die mit dem Einbruch des 'Wortes' (wieder) hochkommt. Marx wird zum Alten Testament.... so wirr wieder.

Also die Einführung von MEDIEN schon allein der strategisch entscheidende Schlag, der die 'Schrift' wieder hervorkommen läßt, wie auch immer. MARX: "Die Handmühle ergibt eine Gesellschaft mit Feudalherren, die Dampfmühle eine Gesellschaft mit industriellen Kapitalisten." (Das Elend der Philosophie), MEW 4, 130. = "Produktivkräfte" (ebd). McL: Die Handschrift -Typographie.

Wäre nachzuweisen 'Schrift' bei Marx Selbst (Judenfrage?) - und 'Schrift' in der Funktion der Aushebelung von Marxismus. Assoz: Luhmann: "man LIEST, Gefrierfleisch ist ungesund.... " = Schrift, die unmittelbar als Kommunikation ERGREIFT, ohne Widerstand, zur Selektion zwingt, egal was deren INHALT (vgl REF\LUHMANN_2.REF, dort KIERKEGAARD, vs. Schrift und Druck in jenem Zitat, das dann Jan ASSMANN in Das Kulturelle Gedächtnis S, 286 (aus Luhmann Soziale Systeme 223/224)

Oder steckt bei Marx selbst in Ware: Tauschwert-Gebrauchswert, in ihren theologischen Mucken, eine 'mediale' Komponente: Zirkulation-Exil-Schrift-GEIST-BUCHSTABE?

Immer aber: Die Neuen Medien als Hebel der Exponierung des Alten: Schrift, Typographie unter pressure der Neuen Medien "stands forth like a branch washed up on the beach" (UMd 190/ UM 158).

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25.10.1993 Mit ASSMANN-HAVELOCK, GOODY/WATT etc und McL Konzentration nicht auf Oralität - Literalität, sondern auf das DAZWISCHEN: die HEILIGEN ZEICHEN (McL: Hierglyphen, Rhetorik, Formulare (Parry, Ong), Logogramme, Embleme, RHETORIK (bes. Ong, McL), Aphorism, Myth (McL- GG: = Präfiguration bei Rabelais) etc: SCHRIFTBILD (Benjamin)), also alles, was NICHT-PHONETISCH ist. Goody/Watt nach Refserv. I Febr. 1990, Teil 2, 6ff.

So auch McL an Manuskriptkultur in GG orientiert. Mit Phonetizität verlieren die Zeichen ihre 'Materialität' und werden radikal VERMENSCHLICHT (igitt), völlig transparent auf menschliche Rede/Denken (McL-Ong-Ramus) : Der Mensch (Foucault).

Nun die Hebräer: Mit PASCAL-Augustinus: Juden als Zeugen, die die heiligen Texte getreu bewahren und überliefern ohne sie zu verstehen; gerade deshalb als Zeugen zuverlässig. Drehe es um: Hebräische Schrift ist Garant für Originalität; Garantie daran ist, daß Pascal sie nicht versteht. (Umkehrung: s GILMAN, wie der Mendelssohn 'versteht' in Jewis Self-Hatred) Erst durch Übertragung in phonetische Schrift (und in Codex) wird sie 'verständlich'. Pascal sagt: die Juden können kein Hebräisch 'können'; wie kann man denn diese Schrift so lesen, das das WORT durch sie spricht, man MUSS sie falsch lesen (misreading); gleichzeitig garantiert sie durch Unverständlichkeit und hermeneutischer Undurchdringlichkeit das Original. Denn wäre sie transparent gewesen, hätten die Juden sie RESTLOS für sich interpretiert, und es wäre kein christliches Verständnis mehr möglich gewesen: keine Übersetzung, keine Erfüllung. Goody/Watt nach Refserv. s. o. S 7, Anm 17: "viele Unklarheiten in der Bibel" (G/W: 65) hatten ihre Ursache darin, daß die semitische Schrift keine Vokale repräsentiert...

Gewissermaßen: Zwielichtigkeit des Hebräischen, zwischen Hieroglyphe/Mythos (als Schrift-Bild, Struktur) und Phonologismus. Radikaler Bruch gegen Mythos, mit ihr schon immer dieser Bruch, Mythos schon immer gebrochen, denn Hebräisch ist DIE Schrift; Schrift also sekundär, zweitrangig, aber es geht ihr nichts voraus.

G/W: Kritik der Kritik. Nun: Kritik der Kritik der Kritik.

Statt Hebraismus (Lambropoulos) Rückgriff auf ein Altes Testament, um das Neue neu zu schreiben, das die Botschaft des Alten, die durch eine Fehldeutung ins Griechische zur Katastrophe geführt hatte, nun endgültig aus den Händen der Literati befreite. Die Katastrophe : s. Einleitung Referat über das Referieren.

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25.10.1993 McL GG : Rabelais. Wie überall: Interface, die multileveled world der Scholastik (oral) pours into typographic age. ES_74_03 Eliot and the St.Louis Blues: Interface South-North... Süden-oral--Norden-mechanisch. Gap/Interface ermöglicht ADAPTION Spielraum um Nabe (ML)

--- und Larousse-Band: Protestantisme: das LOCH in der SCHRIFT, mit Karl BARTH: das LOCH, das die Welt in Bewegung erhält, die enge Pforte, durch die in den Glauben hinein. (Barth Komm, Schöpfer Geist, 1924) (S. 94 ff)

"Que ce TROU existe dans toute l'Écriture, qu'elle soit témoignage et non l'événement lui-même, qui'il y ait en son centre CE VIDE SALUTAIRE, les Réformateurs et avec eux les 'eglises protestantes le reconaissent dans l'action de grâce: dans ce VIDE va, en quelque sorte, s'engouffrer la liberté de Dieu, ou plus exactement le Saint-Esprit à la fois vivificateur, explicateur et actualisateur du texte écrit. La PAROLE VIVANTE JAILLIT pour aujourd'hui du texte, qui serait MORT si l'Esprit, /96/ sans cesse, n'en faisait naître l'événement même qui est à l'origine de de l'Écriture: ... etc qui lit l'Écriture ne déclenche pas automatiquement la Parole actuelle, .... elle n'est PAS UN LIVRE MAGIQUE, mais, en tout état de cause, le lieu à partir de quoi se produit toujour de nouveau l'événement de la Parole. l'INTERPRETATION pour le temps present d'en texte vieux de plusieurs milliers d'années et que le Saint-Esprit rend actuel dans la vie personelle et collective des hommes d'aujourdui... "(95/96)

"Qui aborde l'Écriture se rend compote que sans cesse elle vise au-delà d'elle-même,..." (93).

Die Schrift nicht in den auf alten Pergamenten ein für allemal fixierten oder auf unserem Papier übersetzten Buchstaben einschließen (enfermer), auch selbst nicht ihr Gefangener sein, "la réciter RITUELLEMENT comme un musulmant vénérant la Parole incréée de Dieu, 'ecrite dans le Ciel et transmise à Mahoment, le Prophète, sous la forme du Coran, sans aucune interevention active de sa part." (93)

Quiconque ouvle la Bible se trouve en face d'un texte qui, surtout, ne veut pas être pris pour la Parole elle-même, mais qui, au fur et à mesure qu'on le lit, - et on ne peut le lire vraiment qu'en entrant soi-même dans le mouvement d'EXODE et de LIBÉRATION qui traverse - dissipe les malententdus religieux et MAGIQUE..... l'Écriture désigne sans cesse l'événement qui est AU-DELA d'elle-même." (93)

INTERFACE/GAP also, aber für McL = "INTERFICIALITY", "bicycle" quer durch die Gutenberg-Galaxis. (GG, 1. Rabelais-Kapitel), entspricht also dem "ERODING THE GAP" von Lacou-LABARTHE in Typography. Nun KERMODE Genesis of Secrecy S. 115: "it is for intepretation to FILL THE GAP..."

McL The Medium is the Message. Die radikal-polemische Formulierung auf die Gutenberg-Galaxis beschränkt, also auf Typographie: was entspräche ihr auf der Gegenseite? Im Zusammenhang mit Buchdruck schlicht und einfach: Interpretation, die Erschließung dessen, was hinter den massenhaft und industriell reproduzierten charakterlosen Zeichen der phonetischen Schrift steckt: filling the gap. Im Endeffekt aber eben diese Erfüllung und Schließung bei McL auch erzwungen; nur eben: eine zweite, endgülte Schließung nach einer ersten mißlungenen. Und wieder: die erste - AT-NT-als Typologie in Typographie versandet und verkommen, die zweite in den menschengemachten Zeichen eines medial völlig durchsetzten environments.

Nochmal: the medium is the message? Wogegen richtet sich diese polemische Formulierung wenn nicht gegen Schriftkultur, spezieller gegen die in GG anvisierte Kultur des typographic man. Typographie also ist jene Form von Medialität, die in völliger Transparenz aufgelöst ist und nur den INHALT als Botschaft hat.

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Zwischendrein: wer ist John HOLLANDER, von dem Kermode in Genesis of Secrecy sagt, er habe gesagt, es gäbe kein AT, sondern nur Thora, wenn nicht... ? Daedalus, Summer 1982, Representations and Realities, wegen Stephen GREENBLATT, Filthy Rites kopiert, enthält einen Artikel von John HOLLANDER The West Wind and the Migled Measure. Unter "Note on Contributors" heißt es:

John HOLLANDER, born in 1929...professor of English at Yale.

1. The Untuning of the Sky: Ideas of Music in Enlish Poetry, 1500-1700 (1961)

2. VISION and RESONANCE: Two Senses of Poetic Form (1975);

3. The Figure of Echo (1981); Rhyme's Reason (1981).

Viele Bände Poesie veröffentlicht.

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Ewiges Evangelium (guck Perry MILLER, Puritans....; Joachim von FIORE nach Winfried H.J. Schachten, Ordo salutis,...Kritik des hl Thomas v A. an J. v. Fiore (Phoko) S. 134 ff. "Obwohl Joachim durch Schrift und Tradition angehalten auch Christus den 'magister universalis' nennt, der die 'sapientia Patris' offenbart, welche nach RÖM 1,20 aus den geschaffenen Dingen erkannt wird

"quod tertiums status mundi, qui es proprius spiritus sancti, erit sine aenigmate et sine figuris....Tunc cessabunt omnes figurae et veritas duorum testamentorium sine velamine apparebit. "

Im 2. Status noch Erkennen "per imaginem et similitudinem" (137).

Wo Joachim die "similitudo" zwischen der göttl. Dreieinigkeit und dem Verlauf der Heilsgeschichte aufzeigt, die ausläuft in der Zeit der "unio sine aenigmatibus et figuris", wird nach Joachim, - denkt man seine Vorstellung Konsequent weiter - , die "dissimilitudo" zwischen der Gottheit und ihrer von ihr gewirkten Heilsgeschiche aufgelöst. Der Hl. Geist selbst inkarniert sich im Geschöpf und HEBT DADURCH ALLE BILDER UND GLEICHNISSE auf. Ob Joachim selbst so weit gegangen ist, wie die nachfolgenden Ketzerbewegungen...schwer festzustellen.(138)

Anm 467 Tractatus contra Amaurianos: "Spritius Sanctus in nobis cottidie incarnatur ... Spiritus Sanctus in eis incarnatis...eis omnia revelabat, et haed revelation ihil aliud est quam mortuorum resurrection." --- Caesarius von HEISTERBACH, Dialogus miraculorum "Ille Spiritus, qui e Deus, es in eo".

zu JOACHIM: LÖWITH Weltgeschichte, DEMPF, Sacrum Imperium; E. BENZ, Joachim-Studien I,II,III, Et. GILSON, Bonaventura S. 270 f.

KERMODE, Genesis of Secrecy S. 19: "A third gospel - the Everlasting Gospel - would supervene, to accompany the third age or status, the age of the Holy Spirit. THis third gospel would be quite transparent, without enigmas, without figures; for there were to be no more TRANSFORMATIONS."

vgl so schön Lacoue-LABARTHE in Essay über den Wunsch nach Ende von Verhüllung, spes hemeneutica (Kermode) etc.. Lies Schachten S. 135 vorher u. nachher. TYPOLOGIE-GESCHICHTE.