1. Die Künste der Memoria und die kombinatorische
Logik gehören zweifellos zur Kategorie der intellektuellen
Fossilien. Die Kombinatorik ist definitiv in der zweiten Hälfte des
siebzehnten Jahrhunderts untergegangen, zerstört und zugleich
transfiguriert durch den großen Diskurs von Leibniz. Die von
Simonides von Keos "erfundene" Kunst der Memoria fließt in die
Enzyklopädien, die klassifikatorischen Systeme und in die Methoden
des 17. Jahrhunderts; als spezielle Technik verschwindet sie fast
vollständig. Ansonsten überlebt sie heute in den Werbeseiten
einiger Wochenblätter und bestimmter Kriminalromane, wo (manchmal
zusammen mit dengleichen Begriffen, die drei oder vier Jahrhunderte
vorher in Gebrauch waren) diegleichen märchenhaften Versprechungen
aus den vier oder fünfhundert Jahre alten Werken der ars
memorativa wiedererscheinen. Die Geschichte ist immer voll von
Überraschungen. Harry Loraine, der sich selbst 1965 als "das
phänomenalste Gedächtnis des Jahrhunderts" bezeichnet, rühmt sich
dazu, in den Vereinigten Staaten 250.000 Leser zu haben, denen er
beigebracht hat, "den Geist mit Dingen, Ereignissen, Gesichtern und
Namen in Gestalt genau ausgeprägter Bilder zu füttern". Einer der
größten Gehirnforscher unserer Zeit, der russische A.R. Luria, der
niemals von der klassischen ars memorativa, noch von den
Abhandlungen über sie hat reden hören, veröffentlicht 1968 ein
Buch, The Mind of a Mnemonist, in dem ein aktueller Fall von
phantastischer memorativer Fähigkeit beschrieben wird, die (wie
F.A. Yates nachgewiesen hat) auf den klassischen Prinzipien der
Mnemotechnik beruht.
Aber auch das Studium der Fossilien vermag
bekanntlich vieles zu lehren. Nicht nur über die Vergangenheit.
Auch über die Gründe, aus denen einst so lebendige Ideen
abgestorben sind und über die Eigenarten der Gegenwart, die jene
Vergangenheit in sich trägt, ohne sie indes noch als solche zu
erkennen. Da aber sehr oft edlere Ursprünge beansprucht werden als
die wirklichen, bleibt es gewöhnlich nicht dabei, diese nicht
anzuerkennen. Da werden vielmehr imaginäre Stammbäume konstruiert
und aus der Ahnengalerie die Portraits der Gestalten entfernt, die
sich unschicklich verhalten haben, indem sie die wenig
empfehlenswerten Gesellschaften von Magiern, Kabbalisten,
Pansophisten und von Konstrukteuren von Welttheatern und geheimen
und universalen Alphabeten frequentierten. Dem Hochmut der
Gelehrten, die ihr Wissen für "so alt wie die Welt" halten, sind in
diesem Jahrhundert gewiß weder die Historiker der Logik noch die
der Wissenschaft entgangen. Durch schnell hergestellte Verbindungen
zwischen der Charakteristik von Leibniz und der klassischen oder
spätmittelalterlichen Logik oder zwischen den Klassifikationen des
Plinius und denen von Linné kann man leicht eine Reihe belastender
Gestalten beseitigen und sich entlang einer Genealogie bewegen, in
der man, wenn man sie überprüft, keinen ausgestorbenen Spezies noch
Skeletten im Schrank mehr begegnet. Wo die Vergangenheit zu einer
Art Konferenztisch zwischen Professoren der formalen Logik oder der
Zoologie reduziert wird, dient sie allein dazu, Bestätigungen für
die Wahrheit des Gegenwärtigen zu finden und wird zu einer Art von
Revier, wo man außergewöhnlich bequem der Jagd auf "Beispiele"
frönen kann: sie verliert jedes Relief und jede theoretische
Dichte. Die Realität legt der Allmacht der Epistemologie keine
Hindernisse in den Weg; der Dialog wird simpel und locker. Das Neue
hat es nie gegeben. So behauptet sich eine Form historiographischen
Kontinuitätsdenkens, die nicht auf einer Philosophie der Geschichte
beruht, sondern auf der als unvordenklich angenommenen Existenz
einer imaginären Gemeinschaft von nichtexistenten
"Spezialisten".
2. In ihrem Buch über die Kunst der Memoria hat
Francis A. Yates die Aufmerksamkeit auf zwei Punkte gelenkt, die
ich zu unterstreichen für nützlich halte. Der erste betrifft die
vitale Bedeutung der Künste, Stützen, Hilfsmittel oder Techniken
der Memoria in der antiken Welt, die den Buchdruck nicht kannte und
über kein Papier verfügte, um Reden, Vorlesungen und Vorträge
aufzuschreiben oder in die Schreibmaschine zu tippen. In dem
"inneren Blick" und in der "visuellen Memorierung", die sie aus der
Vision der Orte und Bilder in die Reden münden ließ, war
Yates geneigt, eine Art von "Mysterium" und "Gabe" zu sehen,
vormals anwesend und nun unwiederbringlich verloren. Wie so öfters
übertrieb Yates wahrscheinlich auch in diesem Fall in eine
"okkultistische" oder "jungianische" Richtung. Aber unzweifelhaft
ist nach dem Verschwinden der Kunst der Memoria als eigener Technik
zwischen dem 17. und dem 18. Jahrhundert in jüngerer Zeit (und
nicht immer mit positiver Auswirkung) eine zunehmende Abschwächung
der Memorierung in Ausbildung und Kultur eingetreten. Hinzu kommt,
daß man zwischen Ende der sechziger und Mitte der siebziger Jahre
unseres Jahrhunderts sogar dazu überging, über den notwendigen
Gegensatz von Kultur und Gedächtnis und den verderblichen,
schädlichen und repressiven Charakter jeder Form mnemonischen
Lernens zu diskutieren.
Der zweite von Yates betonte Punkt bezieht sich
auf die historische "Marginalität" des Diskurses über die Künste
der Memoria. Als "in niemandes Zuständigkeit" vernachlässigt,
betraf er doch alles: die Geschichte der Organisation der Memoria
"berührt vitale Punkte der Geschichte der Religion und Ethik, der
Philosophie und der Psychologie, der Kunst und der Literatur und
schließlich der wissenschaftlichen Methode."
Diese Beobachtungen von Yates sind von allgemeiner
Bedeutung und können leicht von der Kunst der Memoria auf den
ganzen Themenkomplex, der in diesem Buch behandelt wird, ausgedehnt
werden. Das kann an einer einzigen Frage gezeigt werden (wobei nur
die Arbeiten berücksichtigt werden, die nach der Veröffentlichung
der ersten Ausgabe dieses Buches erschienen sind) : an der der
Universal- oder Kunstsprachen des 17. Jahrhunderts. An dieser Frage
haben Historiker der Sprachwissenschaft, der Philosophie und der
Naturwissenschaften ohne jede Bemühung um wechselseitige
Kenntnisnahme gearbeitet. Madeleine David, die einen sehr
beachtlichen Beitrag zur Erforschung des Problems der Schrift im
17. und 18. Jahrhundert geliefert hat (Le débat sur les
écritures et l'hiéroglyphe au XVII e et XVIII
e siècles, Paris, Sevpen, 1965), tut so, als ob
Giambattista Vico niemals existiert hätte und erwähnt nur nebenbei
(vielleicht weil er von Beruf ein "Pädagoge" war?) den Namen von
Johann Amos Comenius, der einen entscheidenden Einfluß auf die Art
von Diskussionen hatte, die sie so sorgfältig untersuchte. Paul
Cornelius, der ein gutes Buch über die künstlichen Sprachen in der
Literatur imaginärer Reisen geschrieben hat (Languages in
Seventeenth and Eighteenth-Century Imaginary Voyages, Genève,
1965), verfährt dabei so als ob die Publikationen von Yates über
den Lullismus und die Kunst der Memoria, die mit seinem
Forschungsobjekt doch eng zusammenhängen, nie vorher publiziert
worden wären. J.R. Knowlson ("The Idea of Gesture as a Universal
Language", in Journal of the History of Ideas, 1965, Nr.4)
trennt die Erörterung der Literatur über die Gesten in der
Taubstummensprache völlig von dem Kontext der die notae oder
"Realcharaktere" betreffenden Probleme. M.P. Crosland hat ein
äußerst nützliches Buch über die Sprache der Chemie geschrieben
(Historical Studies in the Language of Chemistry, London,
Heinemann Educational Books, 1962), in dem die Chronik einer Reihe
von Kontroversen zwischen Alchimisten und Chemikern die Analysen
der "linguistischen" Probleme ersetzt, die den Chemikern aufgrund
der Tatsache, daß sie mit Untersuchungen in philosophia
naturalis beschäftigt waren, sicher weder fremd noch
gleichgültig waren.
Alle diejenigen, die eine minimale Vertrautheit
mit den Werken von Bacon und Vico haben, wissen, daß die
Diskussionen über die Gesten- und Symbolsprachen das ganze
siebzehnte und einen guten Teil des achtzehnten Jahrhunderts
hindurch untrennbar mit den Disputen über die Hieroglyphen
verknüpft sind, die als einer Form von Schrift verstanden wurden,
in der direkt (ohne Dazwinschentreten des Alphabets und der Worte)
Dinge und Begriffe ausgedrückt werden konnten. Das beste Buch zu
dem Thema ist das von Erik &Iverson, einem illustren
Ägyptologen (The Myth of Egypt and Its Hieroglyphs in the
European Tradition, Kopenhagen 1961). Aber Iverson hat genau
jene Autoren aus seiner Abhandlung ausgeschlossen, die nicht als
"Ägyptologen" qualifizierbar, also nicht explizit und in allen
Details mit der Kultur und den Lebensformen der alten Ägypter
befaßt waren. Auf diese Weise sind in dem Buch schließlich nicht
nur Della Porta und Wilkins eliminiert worden, sondern auch Bacon
und Vico. Zentrale Positionen, wie die von Warburton, bleiben
gänzlich unverständlich, da sie von einer Diskussion über die
Sprache abgeschnitten sind, die sich im 17. und 18. Jahrhundert
sicher nicht zur Bereitung des Terrains für die zukünftigen
Entdeckungen Champollions oder zur Erbauung der Professoren der
Ägyptologie des 20. Jahrhunderts entwickelte.
In einer solchen Situation darf man sich nicht
wundern, wenn ein Linguist wie Noam Chomsky (in Cartesian
Liguistics: A Chapter in the History of Rationalist Thought,
New York, Harper & Row, 1966) sich bei den Universalsprachen,
auch wenn die Größe der Linguistik vor dem achtzehnten Jahrhundert
beschwört, nur auf die Arbeit von Couturat und Leau bezieht und
sich ganz abgedunkelt zeigt gegen die etwa zwei dutzend Arbeiten,
die über dieses Thema seit 1903 veröffentlicht worden sind.
3. An den künstlichen oder universalen Sprachen
hat sich in jüngster Zeit auch die funkelnde Intelligenz Michel
Foucaults geübt. Die Sache liegt hier anders, denn hier handelt es
sich nicht mehr um die Schäden, die aus der Sektoralisierung der
Forschung oder aus dem Desinteresse an der Ideengeschichte
herrühren. Die Historiographie Foucaults, die brilliant und exakt
als stochastisch definiert worden ist, arbeitet auf der
Basis dreier als unverletzlich angesehener Regeln: 1) die
Uninformiertheit über die Autoren und ihre Werke als Objekt
spezifischer Analysen muß sehr groß sein; 2) die Uninformiertheit
über die in irgendeiner anderen als der französischen Sprache
veröffentlichten Arbeiten über diese Autoren und Werke muß
vollständig sein; 3) die Werke dürften allein und ausschließlich
als Anregungen oder Anlässe für die sogar von Lévi-Strauss (in
Bezug auf Foucault) ironisch erwähnten "großen
Generalinterpretationen" dienen.
Was nun das Seicento und das Settecento angeht, so
ist die These von Les mots et les choses (Paris, Gallimard,
1966) als "poche parole" formulierbar: die Naturgeschichte in
dieser Epoche ist nicht an eine Philosophie des Lebens,
sondern an eine Theorie der Worte gebunden. Folglich "kann
die Theorie der Naturgeschichte nicht getrennt werden von der der
Sprache". Es ist schwierig, dem nicht zuzustimmen, und wenn man
berücksichtigt, was im vorhergehenden Abschnitt gesagt wurde,
gebührt Foucault das Verdienst, energisch die Notwendigkeit einer
Verbindung und die Sinnlosigkeit einer Trennung von Wissensformen
bekräftigt zu haben, die erst in einer historisch späteren Epoche
Autonomie erlangen. Aber so gesagt, wäre die Sache wahrlich allzu
einfach. Statt dessen muß ein Wunder geschehen. In den in den Augen
Foucaults besteht es in den mysteriösen und faszinierenden
Symmetrien und Korrespondenzen, die sich in diesem Zeitalter
zwischen der Theorie der Naturgeschichte und der Theorie der
Sprache offenbaren. Zwischen diesen beiden Territorien oder
Regionen des Wissens habe es, so Foucault, keine "Kommunikation von
Begriffen", keine "Übertragung von Methoden" und keinen "Transfer
von Modellen" gegeben. Wie erklärt sich also diese Nähe? Für
Foucault gibt es da keinen Zweifel. Mit dem Enthusiasmus eines
Anhängers der Numerologie des siebzehnten Jahrhunderts macht er
einen unmittelbaren Rekurs auf strukturale Identitäten und
heimliche Korrespondenzen. Diese verwirklichen sich auf der
Grundlage "eines historischen Apriori, das ... in einer bestimmten
Epoche in der Erfahrung ein Feld möglichen Wissens ausschneidet und
den Seinsmodus der Objekte definiert, die hier erscheinen"
(ibidem, pp.171, 174)
Foucault "findet" (wie Kepler es einst Fludd
vorwarf) "Gefallen an in Dunkelheit gehüllten Dingen" und hält
jeden Versuch ihrer empirischen Klärung für zweifellos banal.
Zwischen seinen aufblitzenden Intuitionen (die oft Wiederholungen
von Behauptungen Bachelards sind) und der Arbeit der
Ideengeschichtler (gegen die er beständig polemisiert) besteht
wahrscheinlich dergleiche Unterschied wie zwischen dem Schreiben
unsterblicher Poesie und dem Katalogisieren (wie es John Ray tat)
der Pflanzen von Schottland. Dennoch muß darauf hingewiesen werden,
daß sein Rekurs auf das historische Apriori im speziellen Fall
völlig unhaltbar ist. In der Tat weiß er nicht, daß der
Character pro notitia linguarum universalis (Frankfurt 1661)
von einem Professor der Medizin geschrieben wurde, von dem Stahl
versicherte, die Idee des Phlogiston abgeleitet zu haben; er
weiß nicht, daß Becher ein Buch mit dem Titel Schema
materialum pro laboratorio portabili, sive Tripus hermeticus
fatidicus pandens oracula chymica publizierte (Frankfurt, 1689)
und daß er in seiner alchemistischen Symbologie, genau wie
in seiner Sprachtheorie, die Charakteristika der
Symbole mit denen der symbolisierten Dinge identifiziert. Foucault
erinnert bei vielen Gelegenheiten an die "linguistischen" Werke von
John Wilkins und an die "botanischen" von John Ray und weiß
nicht, daß hinter jener strukturellen Korrespondenz eine
wirklich empirische "Kommunikation von Begriffen" und
dokumentierbare "Übertragung von Methoden" steht. Es lohnt sich,
das Urteil von Sartre über diese Art von Arbeit in Erinnerung zu
rufen: "um die Unmöglichkeit einer historischen Reflexion zu
demonstrieren", ersetzt Foucault "das Kino durch eine Laterna
Magica und die Bewegung durch eine Aufeinanderfolge von
Immobilitäten". ("L'Arc", 30.10.1966)
Seltsamerweise erfreuen sich die Universalsprachen
gerade in der Heimat von Louis Couturat eines außergewöhnlichen
Pechs. Der Versuch über die Hieroglyphen der Ägypter von
William Warburton hat Jacques Derrida zur Erforschung seiner
"Häutchen" gedient (die eine "überraschende Apertur zur Logik des
Materialismus" zeigen sollen). Das Stichwort Memoria von
1979 von Jacques Le Goff für die Enciclopedia Einaudi (VIII,
pp. 1068-1109) zeigt sicher nicht den üppigen intellektuellen
Narzißmus Derridas, ist aber approximativ, dilettantisch und wenig
informativ.
4. Die erste Ausgabe dieses Buches wurde 1960 vom
Verlag Ricciardi herausgegeben. Wenn ich mir, aus der Distanz von
zwanzig Jahren, eine radikale (aber sicher wenig opportune)
Überarbeitung vorgenommen hätte, wäre eine Reihe von Arbeiten aus
ziemlich unterschiedlichen Forschungsgebieten zu berücksichtigen
gewesen. Um nur einige Beispiele zu nennen: die Arbeiten von E.
Colomer (1961), von E.W. Platzeck (1964), von P. Zambelli (1965)
und vor allem von G.N. Hilgarth (1975) über Lullus und den
Lullismus; der Aufsatz von L. Dieckmann (1969) über die Geschichte
der hieroglyphischen Symbole; die Arbeiten von C. Vasoli (1968)
über die Rhetorik und Dialektik der Renaissance und von Ch. Webster
(1970) über Hartlib und die Verbreitung des Denkens von Comenius in
England; der Aufsatz von L.E. Loemker (1961) über die
Enzyklopädisten von Herborn und die wichtigen Arbeiten von A.
Heinekamp (1972) und von M.Mugnai über Leibniz; die Arbeiten von L.
Formigari (1970) und von H. Aarsleff (1964 und 1982) über die
Linguistik des siebzehnten Jahrhunderts und der Aufsatz von D.
Knight (1981) über die Klassifikationen in der Biologie.
Unter den Ergänzungen zu dem hier diskutierten
Material muß ich auch einige meiner eigenen späteren Arbeiten
erwähnen: The legacy of Ramon Lull in sixteenth century
thought ("Mediaeval and Renaissance Studies", V, 1961, pp.
182-213; Lingue universali, classificazioni, nomenclature e
Linguisti d'oggi e filosofi del Seicento (in Aspetti della
rivoluzione scientifica, Napoli, Morano, 1970, pp. 293-370,
387-410); La religione dei geroglifici e le origini della
scrittura und die Note alla Scienza Nuova (in Le
sterminate antichità: studi vichiani, Pisa, Nistri Lischi,
1969, pp. 80-131, 181-184); The nomenclatures in the XVIIth
century (im Druck in "History and Philosophy of the Life
Sciences").
In der gegenwärtigen Ausgabe ist das Buch einer
energischen stilistischen Überarbeitung unterzogen worden. Die
zahlreichen Zitate aus den Werken (mit Ausnahme der aus
handschriftlichen Quellen übernommenen) sind ins Italienische
übersetzt worden. Auch sind einige Irrtümer in den Anmerkungen
korrigiert und die Appendices merklich von Ballast befreit
worden. Zusätzlich muß erwähnt werden, daß vom Liber ad memoriam
confirmandam von Raimondus Lullus (vgl. Anhang I) zwei weitere
Handschriften existieren, die von Yates nachgewiesen wurden (Roma,
Vatic. lat. 5347, ff. 68-74 und Monaco, 10593, ff. 218-221).
5. Als 1960 dieses Buch herauskam, hatte Frances
A. Yates einige (in diesem Forschungsgebiet) wichtige Aufsätze über
Raimundus Lullus (jetzt gesammelt in Lull and Bruno: Collected
Essays, London 1982) sowie die hier öfters zitierte und
benutzte Arbeit über die "ciceronianische" Gedächtniskunst
veröffentlicht. Ihre glänzendes und umfassendes Werk The Art of
Memory wurde 1966 veröffentlicht und entwickelte sich, wie sie
im Vorwort schrieb, in völlig anderer als der im vorliegenden Buch
verfolgten Richtung. Auf zwei Konferenzen am Warburg Institut (mir
damals unbekannt) hatte sie sich mit dem in De umbris
idearum von Giordano Bruno und in dem Teatro di memoria
von Giulio Camillo enthaltenen Memorialsystem befaßt. In der
Folgezeit hatte sie die der ministratio ad memoriam
gewidmeten Seiten meines Buches von 1957 über Francis Bacon
gelesen.
In diesem Jahr 1960 überreichte ich ihr persönlich
ein Exemplar dieses Buches, das ihre Arbeiten benutzte und dazu
auch noch weitgehend in eines der (damals wahrlich kaum
bearbeiteten) Forschungsgebiete eindrang, in denen sie seit vielen
Jahren mit großer Begeisterung arbeitete. Dame Frances Yates war
nicht nur eine Gelehrte von allerhöchstem Niveau; sie war auch eine
außergewöhnliche Persönlichkeit. Für ihre späteren zahlreichen
Anerkennungen bin ich ihr immer sehr dankbar gewesen. Nicht aus
diesem Grund, sondern weil ich niemals den unerwarteten
aufrichtigen Enthusiasmus habe vergessen können, mit dem sie an
jenem fernen Tag diese "Invasion" aufnahm, widme ich ihrer
Erinnerung diese Neuausgabe der Clavis universalis.
P.R.
Universität Florenz, März 1983