BEREICH V
SYSTEMTHEORIE, RRADIKALER KONSTRUKTIVISMUS

Sinn, Kommunikation und soziale Differenzierung. Beiträge zu LUHMANNs Theorie sozialer Systeme. Hg H.Haferkamp u. M.Schmid. Darin: M.SCHMID: Autopoiesis u soziales System: eine Standortbestimmung. (a.a.O. 25 ff)

Die Theorie autopoietischer Sozialsysteme ist zugleich deren Programm. {Die Beschreibung der 'Maschine' müßte grundsätzlich für eine andere 'Maschine' codierbar sein in der Form, daß diese die Beschreibung als ihr Programm liest und dieses Programm ausführt.} Der BLINDE FLECK, das Oberste Paradoxon: Zusammenfallen von Theorie und Programm der theoretisch beschriebenen Maschine.

Dann ist diese Theorie als Programm selbst die Maschine, die autopoietisch in einer Theorie-Umwelt sich selbstreferentiell erhält nach Maßgabe ihres Programms. Theorieproduktion und Funktionieren des Gegenstandes dieser Theorie fallen zusammen. Die Theorie als Programm ihrer selbst als autopoietischer Maschine ist zugleich das Programm der autopoietsichen Maschine (Gesellschaftssysteme) das sie beschreibt. Sie programmiert nicht nur sich selbst, indem sie das Programm beschreibt, sondern ihr eigenes Programm kann noch auf ihr selbst laufen: Wissenschaft als selbstreferentiell geschlossenes System. Die intelligente Textproduktions- und verarbeitungsmaschine Luhmann beschreibt/programmiert/produziert sich selbst als Programm ihres Gegenstandes. Sie ist autopoetisch.

{ Maschine, die autopoietisch mit höchsten Auflösungsvermögen sämliche anderen Theorien testen und sie sich einverleiben bzw. abstoßen kann: Identitätstheorien, Bewußtseinstheorien, Kommunikationstheorien etc. }

Diese Maschine hat die Fähigkeit höchster "Auflösung". Ihre selbstreferentielle Geschlossenheit läßt sie Umwelt nur nach Maßgabe ihrer Zustände wahrnehmen, also nicht wahrnehmen. Für den Flachländler aber, der sich ihr fragend-kritisch nähert, heißt das, entweder sich anschlußfähig zu machen mit seinen Fragen, oder zu verschwinden. Sie vernichtet ihn, ohne ihn zu verletzen. Sie läßt ihn entweder ein als anschlußfähige Subroutine oder nicht. Diese Schöne kennt eigentlich überhaupt keine Gegner, sondern nur Brautwerber, die eine Rätselfrage lösen müssen.

So ist der Begriff "Einbau" (a.a.O. 39: "Einbau neuartiger Operationsmodi" [in das System]; 39 "Einbauwahrscheinlichkeit" ) grundsätzlich zweideutig: Einbau in das System - in die Theorie.

Und wie sehen die Hg. von a.a.O. das?

Daß diese Wendung zur Selbstreferenz [wessen? Luhmanns oder der sozialen Systeme] in aller Folgerichtigkeit durchgehalten und bis zur integralen Beachtung von unvermeidlichen Paradoxa, Tautologien und regressiven Argumenten geführt wird, erleichtert die Auseinandersetzung mit Luhmanns Theoriewerk nicht in allen Fällen: Angesichts einer solchen THEORIE, DIE SICH ZUR BESEITIGUNG SELBSTINDUZIERTER SCHWIERIGKEITEN IN LETZTER INSTANZ SELBST DENKEN KÖNNEN MUSS- und dies immer auch als kontingente, d.h. als eine Theorie, die auch anders lauten mag - und die sich in Zeiten der Bedrängnis genau hierauf zurückzieht, wird sich jeder eilfertige Kritiker und Kommentator des öfteren in der Lage des Hasen finden, der wohin er auch läuft und wie schnell er sein Ziel auch erreicht, immer wieder feststellen muß, daß ihr Protagonist längst schon hinter der Ziellinie steht und seinen Übereifer milde belächelt. (a.a.O. 14)

Und noch was:

Dogmatische Arbeiten führt typisch auf sogenannte Sekundärprobleme, Probleme, die mit den Primärproblemen des realen Lebens nichts zu tun haben, sondern von der Dogmatik selbst erzeugt sind. Etwa der Art: Wenn das Dogma der leiblichen Himmelfahrt Mariae gilt, war Maria nun bekleidet oder nicht, als sie gen Himmel fuhr? [...] Ein entsprechendes Sekundärproglem der Autopoiese-Dogmatik lautet: Gibt es Autopoiese innerhalb von Autopoiesie. (a.a.O. 89)

Oberregierungsrat Niklas LUHMANN.

Lob der Routine. In: Verwaltungsarchiv. Zeitschrift für Verwaltungslehre, Verwaltungsrecht und Verwaltungspolitik. Bd 55 (1964), H 1, S 1-33. SUB HH X/2708

Dieser Text stellt eine Verwaltungsmaschine vor, die sowohl nach kybernetischen Prinzipien wie nach homöostatischen den Informationsgrenzverkehr an ihrer System-Umweltgrenze regelt. Bemerkenswert ist die Trennung von Homöostase und Kybernetik in der Hinsicht, daß sie die Bearbeitung solcher von außen kommenden Informationen zu übergehen erlaubt, die nicht von dem Informationsverarbeitungsprozeß selbst schon beeinflußt sind. Die getrennte Behandlung der homöostatisch bewachten Input-Grenze und der kybernetisch bewachten Outputgrenze hat zur folge, daß zwar die Ausgabe des Systems ihre Auswirkungen auf gleichbleibende Wirkung hin kontrolliert, aber als von der Eingabebewachung getrenntes System deren Rückwirkungen auf den eingehenden Informationsfluß nicht nur nicht beeinflußt, sondern überhaupt von einer Wahrnehmung durch das System ausschließt. Das System ist 'sehend' gegenüber Charaktaristika der Wirkungen seiner Ausgabe, 'blind' aber gegenüber Rückwirkungen dieser Wirkungen auf seine Eingabe.

Diese Aufteilung wird klar als notwendige Voraussetzung der Verhinderung einer Art 'Informatiose' in Analogie zu 'Bibliose' oder 'Semiose' formuliert, d.h. einer Rückwirkung der Kommunikation auf die Information.

Es wäre nicht sinnvoll, die erste Information für die Wahl einer Kommunikationsmöglichkeit, diese für die Suche nach neuen Informationen, diese wieder für die Wahl anderer Kommunikationsmöglichkeiten usw. als Leitfaden zu nehmen; so käme die Informationsverarbeitung zu keinem Abschluß. Sie würde ins Oszillieren geraten und sich von ihren Ausgangspunkten beliebig weit entfernen können. Es müssen also die GRENZEN DER VARIATION definiert werden. (7)

 

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Lynn SEGAL.
Das 18 Kamel oder Die Welt als Erfindung.
Zum Konstruktivismus Heinz von Foersters.
München 1986

Darstellung der Second-Order-Cybernetics Foersters. Man erfährt über ein dort abgedrucktes Interview einiges über von Foerster. Der arbeitete im Krieg in Berlin an einem High-Tech Institut, daß dann nach Schlesien verlegt wurde (Plasmaphysik und Radar, Grundlagenforschung, 229) Nahm an den "Macy-Tagungen" (232, so geschrieben?) teil. Dort Wiener, Magred Mead gehört. Kontakte mit McCulloch, Bateson .... Mathematik - Eigenwerte - Hilbert (240).

Das Biological Computer Laboratory der Univerity of Illinois = das Zentrum, an dem über H.v.FOERSTER, Umberto MATURANA und Francisco J. VARELA die Theorie autopoietischer Maschinen entwickelt wurde. In Autopoiesis and Cognition von Humberto MATURANA wird noch "machine" genannt, was in der Übersetzung (Hg. J.S. Schmidt) "System" heißt. Zugänge zur Computer-Mathematik über von Foerster. Müßte bis zu Anfängen zurückverfolgt werden, um die Wurzeln bei Luhmann und J.S.Schmidt u.a. zu erkennen.


Foerster. Sicht und Einsicht.
PHOKO
Priciples of Self-Organisation, Hg H.v.Foerster, G.W.Zopf.
PHOKO

von Foerster auch in einem Band vertreten:

Communication and Control in Society.
Hg. Klaus Krippendorf
mit Cybernetics of Cybernetics.
PHOKO

darin aber noch eine Darlegung der machina mundi des Nicholas of Cusa als kybernetische Maschine, von

Anthony WILDEN.
Changing Frames of Order:
Cybernetics and the Machina Mundi.9 ff.

und noch ein von Paul WATZLAWICK herausgegebenen Band über

Die erfundene Wirklichkeit. (Beiträge zum Konstruktivismus)

PHOKO

Dort H.v. Foerster, E.v.Glasersfeld, Rupert Riedel, F.Varela über den kreativen Zirkel (Kafka Seminar benutzt) und ein Aufsatz über die Grundlagen der Mathematik und das Denken (Gabriel Stolzenberg). Und ein nicht sehr aufschlußreicher Aufsatz über Rückbezüglichkeit der Literatur. (R. Breuer)

Diverse Lektüre , auch Ernst von GLASERSFELD. Wo stammt der her, was hat vor dem Konstruktivismus gemacht. Wemm es doch F.J. Varelas Calculus for Self-Reference in Pillenform gäbe.

Verzweigungen: H.HAKEN mit Synergetik. Seltsame Herrn-Sklaven Geschichten in Erfolgsgeheimnisse der Natur.

JANTSCH. Erfolgsgeheimnisse der Natur. Selbstorganisierende Systeme in Natur und Management.

Gerhard ROTHs Gehirntheorie in Der Diskurs des Radiakalen Konstruktivismus. Hg. S.J. Schmidt. Dort auch Referat von Schmidt, etwa dem in HH gehaltenen entsprechend. Und eine wissenschaftsgeschichtliche Darstellung des Konstruktivismus (441 ff). Weiter dort: Wolfram K. Köck über Mathematische Kommunikationstheorie, ihre fahrlässige Übertragung auf andere Wissenszweige, und richtiges Verständnis von Kommunikation durch Konstr. (340 ff), und ein Aufsatz von Gebhard Rusch über Autopoiesis, Literatur und Wissenschaft.

Gebhard RUSCH.
Erkenntnis, Wissenschaft, Geschichte.
Von einem konstruktivistischen Standpunkt.
Ffm 1987.

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Eva MEYER.
Zählen und Erzählen.
Für eine Semiotik des Weiblichen.
Wien/Berlin 1983.

Exemplifikation des "kybernetischen Selbstgeburtsphantasmas" (159) am Beispiel der second order cybernetics Heinz von Foersters.