Das enzyklopädische Ideal, das von Bacon bis
Leibniz die Kultur des siebzehnten Jahrhunderts beherrscht, zeigt
sich mit einzigartig wirksamer Kraft in dem äußerst umfangreichen
Werk von Heinrich Alsted (1588-1638), dem Lehrer von Comenius in
Herborn, Herausgeber der Werke von Bruno, Anhänger von Lullus und
Ramus und Reformator der Erziehungs- und Unterrichtsmethoden.
Anhand der vielfältigen Schriften, der zahlreichen Handbücher und
schließlich des großen Systema mnemonicum kann man sehen,
daß hinter der Überfülle der Zitate und dem atemberaubenden
Reichtum an Gelehrsamkeit, hinter der dichten und oft chaotischen
Mischung von Themen der Logik, Rhetorik, Physik und Medizin
wichtige Ideen wirksam sind: sie sollen zu Beginn des siebzehnten
Jahrhunderts einen entscheidenden Einfluß auf die Herausbildung des
pansophischen Ideals und des Enzyklopädismus ausüben.
Die Techniken der Transmission des Wissens
reformieren und eine systematische Klassifikation aller
handwerklichen und geistigen Aktivitäten erstellen: diese Projekte
fallen für Alsted mit der Konstruktion eines neuen "Systems" der
Wissenschaften zusammen, das in einem einzigen corpus die
Prinzipien aller Disziplinen vereinige. Durch die Enzyklopädie,
welche die Systematizität des Wissens an den Tag bringt, kann eine
neue Methode und ein neues rationales Studienprogramm entwickelt
werden . Alsteds
Festhalten an der Thematik des Lullismus und sein Beharren auf dem
Wert der Memoria als Technik der enzyklopädischen Ordnung der
Begriffe, können nur in Funktion dieses seines Projekts verstanden
werden. Der Suche nach einer "via compendiosa", die dem Menschen
ein totales Wissen eröffnen könne, haben sich, so Alsted, die drei
größten Erforscher der Logik gewidmet, die je auf der Erde
erschienen seien: Aristoteles, Raimundus Lullus und Petrus Ramus:
Sie wandten sich den Menschen zu, die zu Beginn der Geschichte
"ganz und gar wilde Tiere und Zyklopen" waren, und führten sie
gleichsam an der Hand "zu den lieblichsten Weiden der
Wissenschaft". Jenseits ihrer Differenzen hatten die drei
Philosophen ein gemeinsames Ziel und eine gemeinsame Methode: in
dieser Hinsicht müssen und können ihre Lehren harmonisiert
werden. In der
Panacea philosophica seu ... de armonia philosophiae
aristotelicae lullianae et rameae von 1610 versucht Alsted unter
reichlichem Zitieren eine Versöhnung der drei Methoden. Aber schon
die Clavis artis lullianae, die uns hier näher interessiert
und die auf das Jahr davor zurückggeht, hat dieses Ziel. Im dritten
Kapitel dieses Werkes, De tribus sectis logicorum hodie
vigentibus, wendet Alstedt seine Aufmerksamkeit der Situation
der Logikstudien zu. Nachdem er ein kurzes Bild des Aristotelismus
gezeichnet und unter den zeitgenössischen Aristotelikern an
Melanchton, Goclenius, Scaliger, Zarabello, Piccolomini und Suarez
erinnert hat, beklagt er die Kraftlosigkeit der Schule der
deutschen Lullisten und vergleicht die traurige Lage der deutschen
Logik, die völlig von den Kontroversen zwischen Aristotelikern und
Ramisten beherrscht wird, mit dem Blühen der lullianischen Studien
in Spanien, Frankreich und Italien. Die großen Kommentatoren des
Lullus, von Agrippa zu Bruno, von Gregoire zu De Valeriis, sind
nicht in der Lage gewesen, das komplexe Funktionieren der
Kombinatorik zu klären; sie haben Dunkelheit auf Dunkelheit gehäuft
und ihre eigenen Träumereien mit den Dunkelheiten des Lullismus
vermischt. Um das Los der lullianischen Schule wieder zu
verbessern, muß man auf das Werk von Lavinheta, Fernando de
Cordoba, von Lefèvre d'Etaples, von Bovillo, der Brüder Canterio
und von Pico zurückgreifen, um von Grund auf das große Projekt von
Raimundus wiederaufzunehmen: eine Wissenschaft finden, durch deren
Kenntnis alle anderen ohne Mühe und Schwierigkeiten erlangt werden
können, und die wie der Faden des Theseus das Kriterium der
Wahrheit in allen Manifestationen des Wissens bildet. Diese ars
generalis, die Alsted wiederholt mit der Kabbala vergleicht,
kann durch die Bestimmung der in jeder einzelnen Wissenschaft
gegenwärtigen "allgemeinsten Begriffe" und "generellen Prinzipien"
und durch die Entdeckung der für alles Wissen konstitutiven
"gemeinsamen" Prinzipien verwirklicht werden.
Es gibt also für Alstedt universale Axiome oder
Prinzipen, die allen Wissenschaften gemeinsam sind. Die
Wissenschaften und Techniken zeigen sich auf den ersten Blick als
ein chaotische Ganzes. Hinter diesem scheinbaren Chaos können die
Linien einer Ordnung aufgespürt werden; die strenge Trennung unter
den Wissenschaften ist nur vorläufig; dieser verworrene Wald wird
sich als die geordnete Verzweigung eines einzigen Baumes enthüllen
können, von dem aus in rationaler Abfolge die Zweige der einzelnen
Wissenschaften und Techniken ausgehen. Zur Konstruktion einer neuen
Methode ist es notwendig, Ordnung und Systematizität in dieses
Chaos zu bringen, in diesen Wald einzudringen, seine geordnete
Struktur zu erhellen, die Existenz eines gemeinsamen Stammes zu
enthüllen und schließlich die gemeinsamen Wurzeln ans Licht zu
bringen.
So gesehen geht das Ziel der Methode vollständig
über in das einer Ordnung der Begriffe und in das einer
systematischen Klassifikation sowohl der Gegenstände, die die Welt
bilden, als der Konzepte /Begriffe {R:concetti}, die von den
Menschen entwikelt worden sind. Die Logik hat als Instrument der
Methode die Aufgabe, zu ordnen und zu klassifizieren:
Die Logik allein ist die Kunst der Memoria. Es
gibt keine Mnemotechnik außerhalb der Logik. Und es scheint, daß
Raimundus Lullus sich dessen bewußt war, als er in seinem kleinen
Werk De auditu kabbalistico diese Sätze schrieb: "Die
Methode wird nicht nur zur Übung des menschlichen Intellekts
eingerichtet,sondern auch weil sie ein Heilmittel gegen die
Vergeßlichkeit liefert". Wenn also die Ordnung die Mutter der
Memoria ist, ist die Logik die Kunst der Memoria. Von der Ordnung
zu handeln ist nämlich die Aufgabe der Logik.
Die ganze Enzyklopädie erweist sich als ein großes
Systema mnemonicum und die Logik ist zur gleichen Zeit
directio intellectus und confirmatio
memoriae. Hier versucht Alsted die
Versöhnung zwischen der ramistischen Dialektik und der
lullianischen Kombinatorik zu verwirklichen. In dem Systema
mnemonicum duplex von 1610 nimmt er in seine Abhandlung die
drei Grundgesetzte der ramistischen Dialektik auf: "Das erste
Gesetz ist das der Homogenität, das zweite das der Koordination,
... das dritte Gesetz wird Gesetz der Transition
genannt".
Lullianisches Erbe, ramistischer Einfluß und der
Nachhall säkularer Diskussionen über die Kunst der "lokalen
Memoria" waren hier dabei, sich zur Enzyklopädie
zusammenzuschließen. Aber mehr als an einer Reform der
Logik war Alsted an einer Reform der "Pädagogik" interessiert: Der
neuen Ordnung der Welt und des Wissens sollte Punkt für Punkt eine
neue Organisation des Unterrichts, der Schulen und der didaktischen
Methoden entsprechen: Indem er - wie Bayle schreiben wird - alle Teile der
Künste und Wissenschaften auf ein System zurückführte, wollte
Alsted - wie später Comenius - für ein unitäres Wissen zur
Befreiung der Menschheit arbeiten.
Die Suche nach einer Methode, nach einer Logik und
nach einer Sprache, die dem Menschen erlauben, alles zu
durchdringen und alles zu beherrschen und die den Vollbesitz der
Enzyklopädie und der universalen Weisheit garantieren: das ist die
Pansophie. Und in dem Ideal der Pansophie, das der reformatorische
Impetus Comenius' der Kultur ganz Europas (aber die Janua
linguarum wurde auch ins Arabische und Persische übersetzt und
drang bis in den äußersten Orient vor) vorstellte, finden wir nicht
nur die Lehren von Bacon und Alsted, von Ratke und Andreä wieder,
sondern auch viele aus der Tradition der ars memorativa und
aus der sehr viel kräftigeren des lullistischen Enzyklopädismus
abgeleitete Themen.
Bei der Erklärung der Grundzüge seines Denkens in
der Conatuum pansophicorum dilucidatio zählte Comenius
sowohl die Autoren auf, die ihm vorangegangen waren, als auch die
Werke, aus denen sein Unterfangen Stärkung und Inspiration ziehen
konnte. Schon seit der Antike versuchten bedeutende Männer den
complexum totius eruditionis einzuheimsen; in dieser
Richtung wirkte Aristoteles, indem er die drei Gesetze anzeigte,
die zum Erreichen des dem Menschen möglichen Allwissens notwendig
waren: "die Universalität der Prinzipien, die wahre Methode der
Ordnung, die unfehlbare Gewißtheit der Wahrheit". Auf diese Gesetze
- fährt Comenius fort - haben sich jene Forscher berufen, die sich
in der modernen Zeit zu Autoren von Enzyklopädien, Polymathien, von
Syntaxen der wunderbaren Kunst und von Theatern der Weisheit, von
Panurgien, großen Restaurationen und von Pankosmien aufgeschwungen.
Die Titel, die Comenius anspricht, verweisen uns auf bekannte
Werke: auf die Schriften von De Valeriis und Gregoire, auf die
Werke Giulio Camillos und Patrizis, die neben (eine bezeichnende
Annäherung) die Instauratio magna von Bacon gestellt werden.
Angesichts dieser Erbschaft wiederholt Comenius das feierliche
Motto von Senca: "Viel taten, die vor uns kamen, aber sie
vollendeten nicht das Werk; viel bleibt und wird noch zu tun
bleiben; noch nach Jahrtausenden kann ein Sterblicher etwas
erreichen {sehr frei übersetzt}." Indem er sich auf dieses Erbe
beruft, will Comenius ein "universales Werk" schaffen, das ebenso
wie schon das seiner Vorgänger nicht nur zum Nutzen der Gelehrten,
sondern für alle christlichen Völker errichtet wird. Wenden wird
sich das Geschick des menschlichen Geschlechts {R:razza},
wenn diese Pansophie verwirklicht sein wird, "dieses zuverlässige
Kompendium der universalen Gelehrtheit, die leuchtende Fackel des
Geistes, die feste Richtschnur der Wahrheit der Dinge, die
unfehlbare Sammlung aller Gegebenheiten des Lebens und schließlich
die selige Leiter zu Gott."
Comenius' Hinweise auf die Theater, Syntaxen und
Enzyklopädien dürften allein ausreichen, die Existenz einer
tatsächlichen Kontinuität von Themen und die Fortdauer gemeinsamer
Interessen zwischen den Vertretern des lullianischen
Enzyklopädismus und den Theoretikern der Pansophie zu
dokumentieren. Aber nicht weniger evident - wenn auch weniger
bekannt - sind die Beziehungen des comenianischen Werkes zu dem der
großen Theoretiker der ars memorativa, das seit der Mitte
des sechzehnten Jahrhunderts in so vieler Hinsicht mit der
Renaissance des Lullismus verbunden ist. Nur wer sich die Breite
der Diskussionen über die mnemonische Funktion der Bilder
vergegenwärtigt, kann sich das das Milieu verdeutlichen, in dem der
comenianische Versuch reifen sollte, alles bleibende Lernen auf
Figuren und sichtbare Bilder {R:sulla visione}
zu gründen. Der erste Teil des Orbis sensualium pictus
präsentiert sich als "Gemälde {R:pittura} und Nomenklatur
aller Hauptdinge der Welt und aller Hauptaktionen des Lebens". Die
Realität der Dinge muß mithilfe von Bildern erfaßt und erblickt
werden. Das
Fundament eines nicht abstrakten und scholastischen, sondern
"vollen und soliden" {R:piena e solida}, nicht dunklen und
verwirrten, sondern "klaren und deutlichen und wie die Finger der
Hand artikulierten Wissens" ist die "rechte Darstellung der
sinnlich wahrnehmbaren Dinge für die Sinne". Nur auf diesem Weg,
dem Weg der Bilder, der Sinne und der Memoria, kann der Intellekts
erzogen werden. Den Bildern wird eine entscheidende Funktion
zugeschrieben. Sie sind: "die Ikonen aller sichtbaren Dinge der
ganzen Welt, auf die mit geeigneten Mitteln auch die unsichtbaren
zurückzuführen sind". Indem er das zentrale Motiv der Città del
Sole des Campanella wieder aufnimmt, gelangt Comenius zu
entscheidenden Ergebnissen:
auch dies wird unserem Ziel wirksam dienen: auf
die Wänden der Klassenzimmer den Abriß aller Bücher aller Klassen
malen, sowohl den Text (in kraftvoller Kürze) als auch die
Illustrationen, Bilder und Reliefs, auf daß sie jeden Tag die Sinne
und die Memoria der Schüler üben. Auf den Wänden des Tempels des
Äskulap waren, wie uns die Alten überliefert haben, die Regeln der
ganzen Medizin geschrieben, die Hippokrates dann heimlich aus dem
Gedächtnis von vorn bis hinten abschrieb. Hat doch Gott dieses
große Theater der Welt überall mit Gemälden, Statuen und Bildern
als lebendige Darstellung seiner Weisheit vollgestellt.
Es handelte sich nicht nur um irgendeine Übernahme
diffuser Motive: in dem "philosophische Alphabet", das Comenius
gegen eine "so überaus lästige Tortur der Geister" vorschlägt, wie
es die sillabatio ist und in dem die Buchstaben neben dem
Tier wiedergegeben sind, "cuius vocem litera
imitatur" ,
wiederholt nur mit zum Teil anderen Zielen jene "mnemonischen
Alphabete", die wir in allen Werken der ars reminiscendi des
fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts vorfinden. Gerade auf
diese (von Comenius in De sermonis latini studio von 1644
reichlich benutzte) Technik der Stärkung der Memoria, auf die
Welttheater und auf die Kabbala berufen sich die zahllosen
Passagen, in denen das Theatrum sapientiae präsentiert wird.
Diesem muß wangesichts der Nobilität der Dinge, die es umfaßt, der
allerfeierlichste Name Templum zugeteilt werden.Der Tempel
der christlichen Pansophie ist entsprechend den göttlichen Ideen,
Normen und Gesetzen erbaut und allen Völkern aller Sprachen
geweiht: in ihm sind "versammelt und verortet" {R:collocata}
die Fakultäten {Kräfte,Fähigkeiten,R:facoltà} , die von der
Kraft der Natur erzeugten Dinge der sichtbaren Welt, der Mensch und
die Erzeugnisse des menschlichen Ingeniums, die innere Wirklichkeit
des Menschen, Gott und die englischen Potenzen, die Produkte der
wahren Weisheit. Angesichts dieser comenianischen Passagen ist es
schwierig, nicht an die machinösen emblematischen Konstruktionen
von De Valerio und Camillo und die großen Ausstellungen der
universalen Wirklichkeit im Thesaurus memoriae von Rosselli
zu denken.
Auch das comenianische Projekt einer "totalen
Enzyklopädie" ist mit den Zielen des Lullismus, den Diskussionen
über die catena scientiarum und den so zahlreichen Projekten
einer Einheitswissenschaft oder universalen Ars des sechzehnten
Jahrhunderts verbunden. Der Gegenstand der Weisheit - schreibt
Comenius im Pansophiae prodomus von 1639 - ist von Mal zu
Mal der Philosophie, der Medizin, der Theologie oder der
Rechtwissenschaft zugeschrieben worden; er ist als Gegenstand einer
Einzelwissenschaft aufgefaßt und mit einer partiellen Vision
identifiziert worden, die alle Hoffnung zunichte macht, zur
Totalität und zum Umfassen der Einheit zu gelangen. Zur totalen
Vision und zur Lektüre des großen Buches des Universums kann man
nur in einem stufenweisen Prozess gelangen, der von der
Enzyklopädie des sinnenhaften Weltkreises (orbus sensualis)
zu der des intellektualen (orbis intellectualis) aufsteigt:
zur allumfassenden Vision, dem höchsten Ziel des Wissens, wird man
niemals durch sukzessives Anhäufen partieller Betrachtungen
gelangen. Alle
Versuche, die Einheit durch die Aufzählung und Sammlung der
partikulären Lösungen und Techniken zu erreichen, sind erbärmlich
gescheitert: auf der einen Seite wurden gigantische aber unnütze
Verzeichnisse fabriziert, die in einer "Sammlung von Kleinigkeiten"
die Totalität der Worte und Dinge ausschöpfen wollten; auf der
anderen Seite wurden hochgeordnete Enzyklopädien konstruiert, die
eher eleganten Ketten aus vielen Ringen gleichen als Automaten, die
in autonomer und kohärenter Weise funktionieren
können. Daraus
sind geordnete Haufen von Brennholz geworden, die mit großer
Sorgfalt und Geduld systematisiert {R:disposti} wurden, aber
man hat es nicht geschafft, jenen lebendigen Baum der
Wissenschaften wachsen zu lassen, grün an Laub und reich an Zweigen
und Früchten, der Nahrung und Kraft aus seinen eigenen Wurzeln
zieht. Diesem Baum Leben zu geben, ist nur durch die eine
allumfassende Vision des Ganzen möglich: "Ich meine die Pansophie,
die das lebendige Bild des Universums ist, überall sich selbst
kohärent, überall aus sich wachstumskräftig und fruchtbar." {CU:
sibi undique cohaerens, seipsam undique vegetans, seipsam
undique fructu applens}
Den unnützen und pedantischen Verzeichnissen von
Wörter und Sachen wird das promptuarium universalis
eruditionis, das Buch der Pansophie entgegengestellt:
Kompendiosität, Klarheit, die Ablehnung aller Obskurität, die
"ewige Verbindung der Ursachen und Wirkungen", die Kontinuität
"einer Ordnung, die ununterbrochen vom Ursprung zum Ziel fließt",
treten hier an die Stelle des Chaos und der Dunkelheit der
vorangehenden Kompilationen.
Die comenianische Enzyklopädie bewegte sich in
ihren Grundmotiven nicht auf sehr anderem Terrain als es im Laufe
des sechzehnten Jahrhunderts die "Enzyklopädisten" lullianischer
Inspiration taten. Diese Gemeinsamkeit der Richtung wird bei
einigen Themen sehr deutlich: 1) dem der Beziehungen zwischen Logik
und Enzyklopädie; 2) der Korrespondenz zwischen dem Universum der
Zeichen und dem der Dinge; 3) der Einheit der (nach der Harmonie
der göttlichen Gesetze gestimmten) Welt, als deren "Spiegel" sich
die Enzyklopädie versteht; 4) schließlich beim Thema der
Logik-Enzyklopädik als "Universalschlüssel" mit der Kraft, das Tor
zu dieser Einheit und Harmonie aufzuschließen. In jedem dieser
Punkte ist die Position Comenius' eindeutig: das
vocabularium oder die Janua linguarum fällt mit der
Enzyklopädie zusammen ("sie müssen ein und dasselbe sein") und
beide verstehen sich als eine intellectus humani clavis,
welche die Lektüre des den Dingen eingeprägten göttlichen Alphabets
ermöglicht; die strenge Ordnung der Begriffe und das unitäre und
hierarchische Bild des Universums sind die höchste Frucht der neuen
Methode, die jedem Begriff auf seine Genera und Spezies
zurückführen kann; die ganze Enzyklopädie erscheint als gegründet
auf einer äußerst reduzierten Anzahl von "Axiomen" oder "Sätzen
{R:proposizioni}, in sich selbst glaubwürdig, nicht durch
andere beweisbar, aber nur durch Exempel illustrierbar"; die ganze
Welt des Wissens wird auf diese Weise ähnlich einer "Kette" von der
Art, wie sie in der Mathematik gebraucht wird:
Das Heilmittel ist: eine solche Verfassung
{R:conformazione} aller Künste und Wissenschaften, daß man
überall mit den bekanntesten Dingen beginnt und daß der Fortschritt
zu den unbekannten langsam und stufenweise vor sich geht, so wie
bei einer Kette jeder Ring den anderen Ring hält und mit sich
zieht... Wie bei den Mathematikern aus einem bewiesenen Theorem das
Wissen folgt und aus einem bewiesenen Problem die Wirkung, so
folgen in der Pansophie aus dem Beweis irgendeines Teils der
universalen Lehre Sicherheit und Unfehlbarkeit.
Die unendliche Vielfalt der Begriffe und Dinge
kann auf eine begrenzte Anzahl von "Axiomen" oder "Prinzipien"
zurückgeführt werden. Diese Reduzibilität - die die Niederschrift
des Buches der Pansophie ermöglicht - ist auch bei Comenius auf
einigen Vorannahmen gegründet: die Strukturen der Rede und die der
realen Welt sind präsent in Gott, in der Natur und in der Ars. Die
rationes rerum sind in jedem Fall dieselben : in Gott sind
sie ut in Archetypo, in der Natur ut in Ectypo, in
der Kunst ut in Antitypo. Gegenüber Zweifeln an der
Möglichkeit eines "Universalschlüssels" beruft sich Comenius auf
die Rückführbarkeit der Welt auf wenige fundamentale Elemente und
auf den engen Parallellismus zwischen den res auf der einen
und den conceptus, den imagines und den verba
auf der anderen Seite:
Wie sehr auch die außerhalb des Intellekts
befindlichen Dinge als etwas Unendliches erscheinen, können sie
dennoch nicht unendlich sein, weil die Welt, Gottes erstaunliches
Werk, aus wenigen Elementen und wenigen verschiedenen Formen
besteht und weil alles, was durch die Kunst erdacht wird, auf
bestimmte Genera und bestimmte Hauptpunkte zurückgeführt werden
kann. Weil es folglich zwischen den Dingen und den Begriffen der
Dinge, zwischen den Bildern der Begriffe und den Worten einen
Parallelismus gibt, und weil in den einzelnen Dingen einige
fundamentale Prinzipien gegenwärtig sind, aus denen der ganze Rest
resultiert, dachte ich, daß jene fundamentalen Prinzipien gelehrt
werden können, die gleicherweise in den Dingen, den Begriffen und
in der Rede sind. Mir kam auch in den Sinn, daß die Chemiker den
Weg gefunden hatten, die Essenzen oder Geister der Dinge aus der
Überflüssigkeit der Materie zu befreien, so daß sie in einem
kleinen Tropfen eine gewaltige Kraft von Mineralien oder Vegetalien
konzentrieren konnten, und daß dieser Tropfen in der Medizin von
größerer Wirksamkeit war als die mineralischen und vegetalischen
Körper in ihrer Gesamtheit. Kann nicht etwas in dieser Art erdacht
werden (dachte ich), um irgendwie die Prinzipien der Weisheit zu
versammeln und zu konzentrieren, die jetzt über die so weiten
Gebiete der Wissenschaften oder vielmehr weit über ihre Grenzen
hinaus im Unendlichen verstreut sind? Vermeiden wir jedes
Mißtrauen, denn jeder Akt von Mißtrauen ist eine Lästerung
gegenüber Gott.
Indem sie die Prinzipien und die Essenzen bestimmt
und sich als getreuer Spiegel der Natur aufstellt, hat die Kunst
die Aufgabe, die tiefe Harmonie zu offenbaren, die die Elemente des
Universums verbindet:
Die Quelle jeder Harmonie, Gott, schuf auf
harmonische Weise alle Dinge... die Musiker nennen Harmonie das
gefällige Zusammenklingen vieler Stimmen und derart ist in Wahrheit
das harmonische Konzert der ewigen Kräfte in Gott, der in der Natur
geschaffenen Kräfte und der durch die Kunst ausgedrückten Kräfte;
in Gott, in der Natur und in der Kunst ist Harmonie, göttliche
Harmonie, und die Kunst ist Bild der Natur.
Hierher rührte Comenius' Glaube an die Möglichkeit
einer Partizipation aller Menschen an einem gemeinsamen Heil und
seine Überzeugung, daß durch Erlangen der Pansophie die
Finsternisse des Irrtums verschwinden und Krieg, Streit und Zwist
enden können, von denen sich bis jetzt die Welt genährt
hat.
Das Erbe des lullistischen Enzyklopädismus war in
seinen wertvollsten Elemten von den größten Repräsentanten der
europäischen Kultur vollständig übernommen worden. Bacon,
Cartesius, Alsted und Comenius (und später Leibniz) hatten eine
Reihe von Themen der lullistischen Traditon benutzt und hatten sie
in eine umfassendere Erörterung der Logik, der Funktion der
Philosphie, der Beziehungen zwischen den Wissenschaften und der
Erziehung des menschlichen Geschlechts eingebunden. In vielen der
überaus zahlreichen im Laufe des siebzehnten Jahrhunderts
publizierten Werke der Anhänger und Kommentatoren von Lullus finden
wir indes nur die Wiederholung schon traditioneller Themen, das
Beharren auf nun zu Gemeinplätzen gewordenen Themen und die
pedantisch wiederholte Erklärung der Regeln der Kombinatorik. Die
Diskussionen über die Enzyklopädie, die Kommunikation des Wissen,
die Methode und über die Sprache begannen sich nun in anderen
Kreisen auf höherem Niveau zu entwickeln. Und dennoch ist es
angebracht, auch von jenen Werken - von denen nicht wenige in ganz
Europa bewundert und gefeiert und von bedeutenden Männern geliebt
und studiert wurden - Rechenschaft zu geben. Nicht nur um die
wirksame Präsenz einer Art von Forschung zu unterstreichen, die ein
sehr großes Echo hatte, sondern auch um wie im Abglanz einige
charakteristische Bedürfnisse der Kultur des siebzehnten
Jahrhunderts zu erfassen.
Wir haben schon die Fortschritte in der
Unifizierung der der Wissenschaften in den Werken von Morestel,
Meysonnier und Jean d'Aubry erwähnt, aber andere Fälle sind in
dieser Hinsicht ebenso bezeichnend. 1632 wurde in Paris von
königlichen Rat R.L. de Vassi Le fondement de l'artifice
universel... sur lequel on peut appuyer le moyen de pervenir à
l'Enzyclopedie ou universalité des sciences par un ordre méthodique
beaucoup plus prompte et vrayment plus facile qu'aucun autre qui
soit communement receu. Trotz der märchenhaften Versprechungen
im Widmungsschreiben enthielt dieses Buch in Wirklichkeit nur die
Teilübersetzung einiger Schriften von Lullus. Aber es ist
bezeichnend, daß das Werk von Lull damals als das Instrument
präsentiert wurde, das die methodische Ordnung der Wissenschaften
und die Realisierung der Enzyklopädie ermöglichen könnte. In einer
Situation, die de Vassi für wenig günstig für die lullianischen
Studien hielt ("die künstliche Praxis des Doktor Raimundus Lullus
ist von den meisten aufgegeben worden und wird gemeinhin von den
Doctores verachtet"), wurden die Werke der Kombinatorik im
Zusammenhang mit einem Problem wieder hervorgeholt, das in jenen
Jahren sehr aktuell war. Dabei handelt es sich um eine Richtung,
die wir auch in den (Leibniz wohlbekannten) Schriften von Jano
Cecilio Frey (gestorben 1631) vorfinden, dem Arzt der Königinmutter
von Frankreich und Autor vieler Schriften über Medizin und
Physiognomie, eines Kompendiums aristotelischer Philosophie und
einer Via ad divas scientias artesque, linguarum notitiam,
semones extemporaneos nova et expeditissima. In der posthumen
Ausgabe seiner Werke finden wir neben den gewohnten Interessen an
Rhetorik und Sprache, Logik (via ad scientias) und
Enzyklopädie (scientiae et artes omnes ordine distributae et
desumptae) den Versuch, die Prinzipien aller Wissenschaften auf
Axiome zurückzuführen (axiomatica philosophica) und die
Grundzüge einer Studienordnung zu zeichnen. Die Regeln der Kunst
der Memoria "ciceronianischer" Herkunft werden von Frey
wiederaufgenommen und - auf den Spuren von Lavinheta - in die
Thematik der ars combinandi eingefügt:
Die rationale Philosophie ist Logik, Dialektik und
Ars memorativa. Die Dialektik gibt die Materie des Disputieren und
die Argumente. Die Logik gibt die Formen der Argumentation. Die
Dialektik ist lullistisch, peripatetisch oder ramistisch.
Die Konstruktion einer Axiomatik der
Wissenschaften (Zurückführung aller Grundbegriffe der einzelnen
Wissenschaften auf eine reformiert Kombinatorik) und die Bestimmung
der Beziehungen zwischen den verschiedenen Zweigen des Wissens sind
die zentralen Themen auch des machinösen Digestum sapientiae
(etwa 1648) von Ivo de Paris und des großen Commento all'arte
lulliana von Giulio Pace, Schüler des Zarabella, Flüchtling in
Genf sowie Professor in Heidelberg und Padua. Dieses Werk,
kompiliert von einem der scharfsinnigsten und bekanntesten
Kommentatoren des aristotelischen Organon, von einem Mann,
der nicht nur ein berühmter Logiker, sondern auch ein Jurist von
großem Ruf war, wäre einer umfassenderen Darlegung
{R:discorso} wert. Hier können wir nur bei einem Werk von
1659 verweilen, das unmittelbare europäische Resonanz hatte und
sich später eines großen Erfolgs erfreute: dem Pharus
scientiarum des Spaniers Sebastian Izquierdo. An dem Bau der
universalen Ars oder "Wissenschaft der Wissenschaften" - versichert
Izquierdo - hatten über Jahrhunderte Aristoteles und Cicero,
Quintilian und Raimundus Lullus gearbeitet. Dies alte Streben nach
einer "logica prima", die wie ein Leuchtturm den auf dem Meer der
Wissenschaften Segelnden den Kurs zu erleuchten vermöchte, hat in
neuerer Zeit in der Sintaxis von Pierre Gregoire, im
Digestum von Ivo de Paris, in der Cyclognomica von
Cornelius Gemma und im Novum Organum von Francis Bacon
Ausdruck gefunden. Um das Werk dieser Autoren zu vollenden, ist es
notwendig, drei Dinge zu begreifen: 1) die Enzyklopädie (la
scientia circularis oder orbicularis der Alten) besteht
nicht in einem Aggregat aller Wissenschaften, sondern in einer
speziellen Wissenschaft, die in sich die Totalität aller anderen
umfaßt, darin die Prinzipein der speziellen oder universellen
Wissenschaft selbst einbegriffen; 2) die "partielle" Logik des
Aristoteles wird durch eine "integrale" Logik ersetzt, die außer
der den Intellekt vervollkomnenden ars intelligendi eine
sowohl ars memorandi enthält, welche die Memoria
unterstützt, wie eine ars imaginandi und eine ars
experiendi, die sich der Vergrößerung der Fähigkeiten der
Phantasie und der äußeren Sinne widmen; 3) die Metaphysik muß mit
mit beweisender Strenge nach dem Modell der mathematischen
Wissenschaften vorgehen: "wenn die Metaphysiker beweiskräftig und
nach Art der Mathematiker von evidenten Prinipien ausgehend gedacht
hätten, hätten sie schon einen großen Teil der Metaphysik
errichtet". Diese cartesianischen Suggestionen werden noch
deutlicher, wenn Izquierdo (nachdem er die Kunst des Lullus
kritisiert hat wegen der "Barbarei" ihrer Terminologie, der
Unzulänglichkeit ihrer binären und ternären Kombinationen und wegen
ihrer Unfähigkeit, von den universalen Begriffen zu den
partikularen herabzusteigen) die Kombinatorik mit einem
Calculus identifiziert. Allein die Mathematisierung der
ars combinandi kann die Erschaffung jenes einzigartigen
Instruments aller Wissenschaften ermöglichen, "durch das der Bau
der Wissenschaft errichtet wird und grenzenlos wachsen kann".
Die Idee, die Ars magna mit den
Vorgehensweisen der Mathematik zusammenzurücken, indem die
Kombinatorik sich einem "Calculus" angleicht, wird von Leibniz
aufgenommen werden und fruchtbar an bedeutenden Entwicklungen sein.
Aber in den Jahren, in denen der junge Leibniz sich der "neuen"
Kombinatorik zuwandte, handelte es sich entgegen der Einschätzung
Vieler um eine nicht ungewöhnliche Idee. Wir finden sie zum
Beispiel klar formuliert in den Schriften des Jesuitenpaters
Athanasius Kircher, der berühmt war wegen seiner unglaublichen
Kenntnisse in Physik und Archeologie, in Philosophie und
Ägyptologie, in Geschichte und Sprachtheorie, Autor unter anderem
des weitbekannten Mundus subterraneus und eines ebenso
bekannten Traktates über die Mysterien der Zahlen. Und es ist für
das Verständnis eines kulturellen Milieus wichtig, daß die
Annäherung der Ars an die matemathischen Prozeduren und die
Verherrlichung der diophantischen Kombinatorik ("Diophanti nobilis
mathematici ars combinatoria"), mit der die Kombinatorik des Lullus
verglichen wurde, nicht nur in den Schriften bedeutender Logiker
wie Izquierdo erscheint, sondern auch in den Werken eines Mannes
wie Kircher, der in so vieler Hinsicht den Themen der hermetischen
Tradition und der gnostischen Weisheit, den Motiven der Magie und
der Kabbala und den Spekulationen über die misteria
numerorum verpflichtet war. Trotz seiner rhetorischen Tiraden
über den Wert der experimentellen Methode und trotz der
Verteidigung der Neuen Wissenschaft glaubte Kircher an okkulte
Qualitäten, an "Sympathien" und an die Kräfte der Imagination,
bekräftigte er von neuem die Theorie der spontanen Zeugung, war er
von der Existenz von in Bergwerken herumvagierenden Dämonen
überzeugt, und war er in jedem Fall und unter allen Umständen
bereit, die "mirakulösen" und "wunderbaren" Aspekte der Realität zu
unterstreichen. Als Kaiser Ferdinand III während der scharfen in
Deutschland durch das Erscheinen des Pharus scientiarum von
Izquierdo ausgelösten Polemiken an die Gelehrsamkeit des Kircher
appelierte, um über die wahre Nützlichkeit der lullinaischen Kunst
und die Möglichkeit ihrer weiteren Vereinfachung unterrichtet zu
werden, erarbeitete der deutsche Jesuit eine komplizierte Reform,
die sich größtenteils am Pharus des Izquierdo schadlos
hielt. Während er die kritischen Intentionen seines Vorgängers
übernahm, interessierte sich Kircher dennoch vorweigend für die
Konstruktion der Bilder, für die Allegorien, für die Elaborierung
von Figuren und Symbolen und für die Geheimnisse des
Alphabets.
In den letzten Jahrzehnten des Jahrunderts verband
sich vor allem im Werk der Jesuiten der Lullismus noch einmal mit der
nun trüben und zwielichtigen Atmosphäre des Hermetismus und der
Magie. In den verworrenen Schriften eines anderes Jesuitenpaters,
des Pater Caspar Knittel, finden wir nun eine ausführliche
Exposition der Regeln der Kombinatorik und die monotone
Wiederholung der Thesen von Kircher. In den ersten Jahren des
sechzehnten Jahrhunderts brachte ein großer Gelehrter, Morhofius,
über diese Reformen und diesen Typ von Magie-Philosophie ein Urteil
zum Ausdruck, das wiederholt werden soll: "die Reform des Knittel
besteht in der Erfindung neuer Alphabete aus Buchstaben anderer
Form und in anderer Anordnung: was mir eine arselige Sache
{CU:res exigua} zu sein scheint."
In ganz anderen Sinn hatte um die Mitte des
Jahrhunderts Johann Heinrich Bisterfield vom "Alphabet" gesprochen.
Er hatte ein "philosophisches Alphabet" projektiert, nachdem er auf
hochakkuraten Tafeln alle Termini technici und alle in jeder
Wissenschaft verwendeten Definition gesammelt und geordnet
hatte. Für
Bisterfield erschöpfte sich die Enzyklopädie, jenes pictum mundi
amphitheatrum als hochgeordnete Gliederung aller Disziplinen,
in der Einrichtung der Tafeln und in der Suche nach perfekten
Definitionen. Mehr als auf der Logik und der Methode (verstanden
als Regel des Intellekts und Heilmittel für die natürliche Schwäche
der Memoria), insistiert Bisterfield auf der praxis logica,
die eine "artificiosa coniunctio" der Begriffe der Logik und jener
der Enzyklopädie und eine Vermischung der instrumenta der
Logik mit der universalen Enzyklopädie ist. An den Wurzeln der Enzyklopädie
stehen die transzendentalen Begriffe, "die die ersten Wurzeln der
universalen Enzyklopädie sind": von ihnen gehen die Analysen (das
ist die Zurückführung einer Rede oder eines Textes auf seine
einfachen Begriffe) und die Genese {Synthese} aus, die die
"Kombination der einfachen Elemente" ist. Wie auf einer Leiter kann
man zu dem artificium definiendi gelangen, das eine genau
Definition aller Begriffe der Enzyklopädie und die Auflösung aller
Terminie in primäre Begriffe erlaubt .
Die Definitionen, die die claves und
normae der praxis logica sind, bilden die Basis des
ganzen Gebäudes. "Der Mensch weiß, insofern er zu definieren weiß":
um die realen und die Vernunftdinge, die separaten Dinge und die
kollektiven, die entia positiva und die privationis
exakt definieren zu können, ist in erster Linie ein Wörterbuch
(nomenclatura) der in den verschiedenen Diskursen der
einzelnen Wissenschaften benutzten Begriffe nötig. Auf der
Grundlage des Wörterbuches werden die Tafeln konstruiert, die
"Darstellungen der ganzen Welt und der ganzen Enzyklopädie" sind.
Mittels der Tafeln werden die homogenen, die subordinierten und die
koordinierten Begriffe beleuchtet. Die Einrichtung einer tabula
primitiva, welche die allen oder dem größten Teil der
Wissenschaften gemeinsamen Begriffe enthält, führt zum Verständnis
der Harmonie der Wissenschaften, die zugleich basis et
clavis der logischen Praxis ist .
Die Harmonie der Wissenschaften ist die Basis und
der Schlüssel der logischen Praxis. Diese Harmonie ist jene
allersüßeste Konvenienz, durch die nicht nur alle Wissenschaften
mit allen konkordieren, sondern auch die Teile mit den Teilen einer
jeden; und so groß ist diese Harmonie, daß allerwerteste Männer
glauben, daß es nicht mehrere Wissenschaften geben soll, sondern
eine einzige, oder besser noch, daß eins seien der Körper und das
System aller Wissenschaften.
Um dieses einzigartige System zu
realisieren, um zur Bestimmung der tranzendentalen Begriffe zu
gelangen, auf die alle anderen analytisch reduzierbar erscheinen,
hatte Bisterfield eine ganz genaue Aufzählung der Dinge und
Begriffe für unverzichtbar gehalten. Das "Theater der Welt" mit
seinen Tafeln, die alles das repräsentieren, wovon der Geist Rede
führen kann, bildet noch einmal das Fundament der Kunst, der Logik
und der Wissenschaft der Wissenschaften.
Die tranzendentalen Begriffe sind die Hauptwurzeln
der Universalenzyklopädie, die die allergeordnetste Versammlung
aller Disziplinen oder das ausgemalte Amphitheater der Welt
ist...Das universale artificium definiendi lehrt die
Definitionen aller Begriff der Enzyklopädie akkurat aufzufinden und
zu beurteilen. Die praktische Logik wird verwirklicht, indem alle
logischen Begriffe mit der Universalenzyklopädie vermischt
werden.... Die universalen Tafeln bilden das alleredelste Alphabet
aller Diziplinen. Sie müssen alles enthalten und alles
repräsentieren, wovon der menschliche Geist Rede führen kann. Je
besser jemand die Tafeln beherrscht, desto sicherer wird er über
die Samen der Wissenschaft verfügen. Sie sind die bestens
ausgerüstete Werkstatt alles Denkens und sie stellen all das vor
Augen, was wichtig für das ist, wovon man reden will. Hieraus
können alle Themen, alle Argumente, alle Axiome, alle Syllogismen
und alle Methoden gewonnen werden.